Machtbereich des Empfängers und Möglichkeit der Kenntnisnahme

Wird eine Kündigung in Abwesenheit des Empfängers abgegeben, wird sie in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht.[1] Das Risiko der (nachweisbaren) Übermittlung und Ankunft trägt der Kündigende.

Einem Abwesenden ist die Kündigungserklärung zugegangen, wenn sie so in dessen Machtbereich gelangt, dass unter üblichen Verhältnissen damit zu rechnen ist, dass er von der Kündigungserklärung Kenntnis nehmen konnte.[2] Ein in den Briefkasten geworfenes Kündigungsschreiben geht danach in dem Zeitpunkt zu, in dem der Briefkasten üblicherweise geleert wird. Gleiches gilt für den Einwurf in einen Briefschlitz in der Tür.[3] Maßstab sind die gewöhnlichen Verhältnisse und Gepflogenheiten des Verkehrs. Im Interesse der Rechtssicherheit ist dabei eine generalisierende Betrachtung geboten, es wird nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abgestellt.[4] Wird das Schreiben erst erhebliche Zeit nach der allgemeinen Postzustellung in den Wohnungsbriefkasten geworfen (im entschiedenen Fall: gegen 16.30 Uhr), so geht die Kündigung rechtlich erst am nächsten Tag zu.[5] Steht allerdings fest, dass der Arbeitnehmer das erst nach der allgemeinen Postzustellung eingeworfene Kündigungsschreiben tatsächlich noch am selben Tag dem Briefkasten entnommen hat, ist der Zugang noch an diesem Tag erfolgt.[6] Da sonn- und feiertags keine Postzustellung erfolgt, gehen Kündigungen, die am Vortag eingeworfen werden, erst am Folgetag des Sonn- oder Feiertags zu.

 
Praxis-Tipp

Rechtzeitige Vorbereitung der Kündigung

Wegen der vorbeschriebenen Zugangsproblematik sollte eine Kündigung einschließlich Betriebsratsanhörung so vorbereitet werden, dass sie spätestens am Tag vor dem Monatsletzten (ggf. Quartalsletzten etc.) persönlich am Arbeitsplatz oder am Wohnort des Arbeitnehmers übergeben wird. Scheitert die persönliche Übergabe und muss das Kündigungsschreiben noch am gleichen Tag in den Hausbriefkasten geworfen werden, ist der Zugang am Folgetag noch gesichert. Auf Sonn- und Feiertage ist zu achten. Andernfalls führt der verspätete Zugang dazu, dass sich der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses um einen weiteren Montag/ein weiteres Quartal etc. verschiebt.

Zugang bei Urlaub und Krankheit

Bei Urlaubsabwesenheit des Arbeitnehmers kann ein an die Heimatanschrift gerichtetes Kündigungsschreiben grundsätzlich auch dann zugehen, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von einer Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers hat. Dies gilt in aller Regel selbst dann, wenn der Arbeitnehmer seine Urlaubsanschrift dem Arbeitgeber mitgeteilt hat. Von einem Arbeitnehmer wird erwartet, dass er Vorkehrungen dafür trifft, dass er Kenntnis von Schriftstücken erhält, die ihm während einer längeren Abwesenheit zugestellt werden.[7] Lediglich bei besonderen Umständen des Einzelfalls kann sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben etwas anderes ergeben. Eine vom Arbeitnehmer wegen der Urlaubsabwesenheit erst nach Ablauf der 3-Wochen-Frist erhobene Kündigungsschutzklage ist jedoch grundsätzlich nach § 5 KSchG vom Arbeitsgericht nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer dies rechtzeitig (nach § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG innerhalb von 2 Wochen nach seiner Rückkunft) beantragt und glaubhaft macht, dass er trotz Anwendung äußerster Sorgfalt verhindert war, rechtzeitig Klage zu erheben. Das ist selbstverständlich dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer wegen Ortsabwesenheit von der Kündigung keine Kenntnis erlangte.

Eine Kündigung kann dem Arbeitnehmer auch wirksam zugehen, während er arbeitsunfähig erkrankt ist.

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