Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob nach Rücktritt vom Kaufvertrag eine verschuldensunabhängige Rechtspflicht des Rücktrittsgegners zur Rücknahme der Kaufsache besteht.

 

Normenkette

BGB § 288 Abs. 1, § 346 Abs. 1, § 433

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 14.02.2020; Aktenzeichen 6 O 88/19)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.11.2023; Aktenzeichen VIII ZR 164/21)

BGH (Beschluss vom 27.09.2023; Aktenzeichen VIII ZR 164/21)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 14. Februar 2020 - Az.: 6 O 88/19 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.

III. Das Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten und ihrer Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der von diesen jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht die Gläubigerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen, beschränkt auf die Frage, ob nach Rücktritt vom Kaufvertrag eine verschuldensunabhängige Rechtspflicht des Rücktrittsgegners zur Rücknahme der Kaufsache besteht.

 

Gründe

I. Die Parteien des Rechtsstreits sind Kaufleute. Die Klägerin betreibt als Handelsgesellschaft ein Bauunternehmen, die Beklagte in der Rechtsform der GmbH einen Baustoffhandel.

Die Klägerin kaufte von der Beklagten gemäß deren Angebot vom 26.3.2012 (Bl. 74 -76 der Akten erster Instanz) insgesamt 22.488,84 Tonnen Recycling-Schotter als Unterbau für die Errichtung eines Park- und Containerverladeplatzes der Bauherrin L. GmbH auf dem im Eigentum der X stehenden Grundstück in F.

Die Beklagte bezog das an die Klägerin zu liefernde Schottermaterial von ihrer Streithelferin, welche es ihrerseits bei der Herstellerin B. GmbH (seit 2015 in Liquidation und jetzt firmierend als M. GmbH i.L.) bestellte. Die letztgenannte Herstellerin lieferte den Schotter im Juni 2012 unmittelbar an die o.g. Baustelle der Klägerin, wo er von dieser verbaut wurde.

Im Jahr 2016 sollte auf dem Grundstück eine Halle errichtet werden. Dafür wurde ein Teil des von der Klägerin 2012 eingebrachten Schotters ausgebaut und auf einer Deponie der X. gelagert. Aufgrund einer von dort aus veranlassten Beprobung beanstandete die L.GmbH als Bestellerin der Werkleistung der Klägerin dieser gegenüber mit Schreiben vom 29. September 2016 (Bl. 170 der Akten erster Instanz) den Arsengehalt des gelieferten Schotters (Arsenwerte von 501 mg/kg und 514 mg/kg), da ein tolerierbarer Wert nur bei bis zu 70 mg/kg liegen dürfe. Das Material entspreche daher nicht der Zuordnung Z 1.1 des gültigen LAGA -Merkblatts. Daraufhin zeigte die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 2016 (Blatt 171 f der Akten erster Instanz) gegenüber der Beklagten einen mit den Analyseergebnissen der X. begründeten Anfangsverdacht an, der weitere Beprobungen am 28. September 2016 erforderlich gemacht habe. Zugleich wies die Klägerin darauf hin, dass sie für den Fall der Bestätigung des Verdachts die Beklagte für den entstandenen Schaden haftbar machen werde.

In der Folgezeit verlangten die Bauherrin L. GmbH und die Grundstückseigentümerin von der Klägerin wegen der Arsenbelastung den kompletten Ausbau des in das Grundstück eingebrachten Schotters.

Der sodann von der L. GmbH gegen die hiesige Klägerin und deren Komplementärin vor dem Landgericht Osnabrück geführte Rechtsstreit (13 O 313/17) endete durch Prozessvergleich, mit welchem sich die dortigen Beklagten u.a. dazu verpflichteten, den Ausbau und die Entsorgung des Schotters auf ihre Kosten vorzunehmen.

In dem zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit gleichen Rubrums vor dem Landgericht Frankenthal (Pfalz) 1 HK O 9/17 wurde die Beklagte durch Urteil vom 13. November 2018 (in Kopie bei den Akten erster Instanz) - mit der rechtlichen Begründung eines wirksamen Rücktritts der Klägerin von dem Kaufvertrag - rechtskräftig verurteilt, den Kaufpreis für den Schotter in Höhe von 156.283,29 EUR zurückzuzahlen; darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung von Austauschmaterial an die Klägerin zu zahlen.

Im Anschluss daran forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 27. Februar 2019 (Bl. 5 f. der Akten erster Instanz) erfolglos zur Abholung des von der Klägerin bereits ausgebauten Schotters von der Baustelle auf.

Die Klägerin hat vorgetragen,

der von ihr bei der Beklagten gekaufte Schotter sei wegen unzulässiger Arsenbelastung mangelhaft und sie habe deshalb - wie durch den Ausgang des Vorprozesses 1 HK O 9/17 Landgericht Frankenthal Pfalz mit Rechtskraftwirkung entschieden sei - wirksam den Rücktritt von dem Kaufvertrag zwischen den Parteien erklärt.

Die Beklagte sei als Verkäuferin des mangelhaften Schotters verpflichtet...

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