Leitsatz (amtlich)

Zur Urheberrechtsverletzung durch Foren- bzw. Plattformbetreiber im Internet.

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 08.07.2008; Aktenzeichen 6 O 162/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 8.7.2008 geändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin (im Weiteren: Klägerin) unterhält ein einzelkaufmännisches Unternehmen und betreibt u.a. die Escort-Agentur "A. E.". Die Verfügungsbeklagte (im Weiteren: Beklagte) unterhält ein Internetforum, die sog. Community für Fotografierinteressierte. Interessierte haben die Möglichkeit, Fotografien auf dem Server der Beklagten ins Internet zu stellen. Die Fotografien werden dort gespeichert und Dritten öffentlich zugänglich gemacht. Die Fotos können kommentiert bzw. betitelt werden. Es gibt verschiedene Mitgliedschaften in der Community der Beklagten. Die Basismitgliedschaft, die nur das Hochladen weniger Bilder erlaubt, ist kostenfrei. Dann gibt es weitere zu einer Nutzung im größeren Umfang berechtigende Mitgliedschaften, die kostenpflichtig sind. 500.000 Mitglieder sind bei der Beklagten registriert und es werden täglich ca. 7.000 Fotografien in das Forum eingestellt. Die Nutzungsbedingungen der Beklagten lauten u.a., dass vom Nutzer durch das Hochladen keine Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzt werden dürfen (Ziff. 5 der AGB). Unter Ziff. 7 der AGB muss der Nutzer nochmals erklären, dass er berechtigt ist, die entsprechenden Bilder in das Netzwerk der Beklagten einzustellen. Ebenfalls unter Ziff. 7 der AGB wird der Beklagten ein widerrufliches Recht zur weltweiten Nutzung i. S. einer Vervielfältigung, Verteilung, Übersendung, öffentlichen Wiedergabe, Veröffentlichung oder vergleichbarer Nutzungen "ausschließlich im Rahmen des Internetangebotes F." kostenfrei übertragen. Unter Ziff. 9 AGB heißt es, dass die eingestellten Werke urheberrechtlich geschützt sind und jede Nutzung der Inhalte, "insbesondere für kommerzielle Zwecke" der vorherigen Genehmigung durch den Rechteinhaber bedarf; als solche kämen u.a. die Mitglieder der F. oder die Betreiber der F. in Betracht.

Weiterhin erscheint beim Hochladen eines Fotos ein Vordruck, auf dem der Nutzer bestimmen kann, ob er dem Betrachter eine sog. Creative Commons-Lizenz gewähren will. Dabei wird unterschieden zwischen einer kommerziellen und einer nichtkommerziellen Verwertung durch den Dritten bzw. es kann dem Dritten ein Bearbeitungsrecht eingeräumt werden oder nicht.

Die Klägerin ließ Ende 2007 eine Frau I. G. durch die Fotografin J. fotografieren. Anlass hierfür war, dass Frau G. für die Agentur der Klägerin arbeiten sollte. Die Rechte an der Fotografie ließ sich die Klägerin von der Fotografin übertragen. Der abgebildeten Frau G. wurde mitgeteilt, dass sie ohne eine ihr erteilte Lizenz durch die Klägerin die Bilder der Fotografin J. nicht nutzen dürfe.

Am 14.4.2008 entdeckte die Klägerin bei Recherchen, dass das gegenständliche Foto bei der F. gespeichert war und von jedermann eingesehen werden konnte. Auf Abmahnung der Klägerin hin wurde das Foto vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens auf der Webseite der Beklagten gelöscht.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze zumindest als Störerin die ihr, der Klägerin, zur Nutzung eingeräumten Urheberechte bzw. Leistungsschutzrechte. Es sei der Beklagten bei ca. 7.000 Fotografien täglich, für deren Hochladen in vielen Fällen ein Entgelt zu entrichten ist, zumutbar gewesen, die von Nutzern des Forums eingestellten Bilder auf mögliche Schutzrechtsverletzungen prüfen zu lassen.

Das LG hat auf Antrag der Klägerin am 29.4.2008 gegen die Beklagte folgende Beschlussverfügung erlassen:

1. Die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, das nachstehend wiedergegebene Lichtbild ... zu kommerziellen Zwecken zu nutzen bzw. nutzen zu lassen, insbesondere dieses auf kommerziellen Webseiten zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Nach Widerspruch der Beklagten hiergegen hat die Klägerin beantragt, die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, keine ihr obliegenden Prüf- und Kontrollpflichten verletzt zu haben. Bei ihr würden ständig Angestellte die Web-Seiten kontrollieren, um Rechtsverletzungen aufzuspüren. Gleichzeitig seien 45 sog. Administrationsbenutzer, die über Erfahrung verfügten, damit beauftragt, gleiches zu tun.

Die Beklagte vertritt den Standpunkt, dass sie eine Prüfungspflicht hin...

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