Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsobliegenheit bei Betreuung eines sieben bzw. acht Jahre alten Kindes/Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein sieben bzw. acht Jahre altes Kind benötigt altersbedingt noch eine weitgehend lückenlose Betreuung und Beaufsichtigung und kann deshalb nicht für Zeiträume von einer bis mehreren Stunden unbeaufsichtigt bleiben. Selbst bei der Möglichkeit einer Fremdbetreuung im Hort in der Zeit zwischen 8.00 und 16.00 Uhr, kann deshalb von der betreuenden Mutter regelmäßig keine vollschichtige Erwerbstätigkeit erwartet werden.

2. Eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wegen Betreuung eines Kindes kommt dann nicht in Betracht, wenn gegenwärtig keine zuverlässige Prognose über den Wegfall der mit der Betreuung verbundenen ehebedingten Nachteile möglich ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1570, 1578b

 

Verfahrensgang

AG Bad Dürkheim (Urteil vom 07.05.2008; Aktenzeichen 2 F 15/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilanerkenntnis- und Endurteil des AG - FamG - Bad Dürkheim vom 7.5.2008 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

In Abänderung des am 2.11.2007 vor dem Senat protokollierten Vergleichs (2 UF 104/07) wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt von monatlich - 276 EUR für März und April 2008 und - 248 EUR ab Mai 2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen, von denen des Berufungsverfahrens der Kläger 12/13 und die Beklagte 1/13.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über das Fortbestehen der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten ggü. der Klägerin ab Februar 2008.

Ihre am ... geschlossene Ehe ist seit ... rechtskräftig geschieden.

Der Kläger ist als Kraftfahrzeugmeister erwerbstätig und wieder verheiratet.

Die Beklagte hat den Beruf einer Frisörin erlernt. Sie war während der Ehe nicht erwerbstätig. Neben dem bei ihr lebenden gemeinsamen Sohn L ..., geb. am 28 ..., betreut sie seit Juni 2007 ein ... Jahre altes Pflegekind und erhält für ihre Pflegetätigkeit monatlich 202 EUR. Seit Mai 2008 ist sie im Umfang von 90 Stunden pro Monat als Reinigungskraft im Krankenhaus G ... beschäftigt.

Mit am 2.11.2007 vor dem Senat protokollierten Vergleich (2 UF 104/07) verpflichtete sich der Kläger (dort Beklagter) zur Zahlung eines laufenden nachehelichen Unterhaltes von monatlich 413 EUR.

Vergleichsgrundlagen waren ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers aus seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugmeister von 1 834 EUR (errechnet unter Außerachtlassung des Splittingvorteils aus der neuen Ehe), welches um anteilige Zins- und Tilgungsleistungen für das in der neuen Ehe erworbenen Hausanwesen von monatlich 125 EUR als zusätzliche Altersvorsorge (4 % des Bruttoeinkommens), die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen, den Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn und das Anreizzehntel zu bereinigen war. Der Beklagten wurde ein fiktives Nettoeinkommen von monatlich 430 EUR zugerechnet und um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen und das Anreizzehntel bereinigt. Für den Fall einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Klägers sollte der Kindesunterhalt vorrangig behandelt werden.

Der Kläger begehrt Abänderung der Unterhaltsverpflichtung und Feststellung, dass er ab Februar 2008 nicht mehr zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt verpflichtet sei.

Die Beklagte hat mit Rücksicht auf das seit Mai 2008 erzielte höhere Eigeneinkommen das Abänderungsbegehren anerkannt, soweit Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung auf monatlich 257 EUR ab Mai 2008 verlangt wird.

Das FamG hat die Unterhaltsverpflichtung des Klägers ggü. der Beklagten auf monatlich 248 EUR ab Mai 2008 reduziert und die weitergehende Klage abgewiesen.

Aufgrund der Änderung des Unterhaltsrechtes könne der Kläger Abänderung der getroffenen Unterhaltsvereinbarung verlangen.

Die Beklagte habe auch für die Zeit ab Februar 2008 einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, da sie mit Rücksicht auf die Betreuung des gemeinsamen Sohnes und dessen Fremdunterbringung in Schule und Hort nicht zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet sei. Ihr seien daher bis April 2008 die im Unterhaltsvergleich eingesetzten Einkünfte und ab Mai 2008 das tatsächlich erzielte Einkommen aus der Reinigungstätigkeit zzgl. des Pflegegeldes, bereinigt um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen und den Erwerbsanreiz zuzurechnen.

Auf Seiten des Klägers sei weiterhin von den im Vergleich zugrunde gelegten Einkünften auszugehen; der Kindesunterhaltsbedarf sei nunmehr allerdings wegen der geänderten Kindergeldanrechnung lediglich noch mit dem Zahlbetrag zu berücksichtigen. Für Februar bis April 2008 seien danach weiterhin die im Vergleich vereinbarten 413 EUR geschuldet, ab Mai 2008 reduziere sich der Unterhalt...

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