Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung eines Erbscheins nach der am … in … verstorbenen L.H.R. geborene J. geboren am … zuletzt wohnhaft …. Pflichtteilsstrafklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

Sieht eine Pflichtteilsstrafklausel vor, dass die Verwirkung des Schlusserbenrechtes erst mit Erhalt des Pflichtteils entsteht und verlangt ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten seinen Pflichtteil, ist er wenn der Pflichtteil noch nicht ausgezahlt wurde, im Fall des Todes des überlebenden Ehegatten bis zur Klärung des Erhaltes des Pflichtteiles zunächst nicht befreiter Vorerbe.

 

Normenkette

BGB §§ 2075, 2280, 2269 Abs. 1, § 2306 Abs. 1 S. 2, § 2317 Abs. 1, § 2361 Abs. 1, § 2363; FGG § 12; ZPO § 852

 

Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Beschluss vom 08.04.1998; Aktenzeichen 4 T 329/97)

AG Pirmasens (Beschluss vom 05.11.1997; Aktenzeichen VI 442/97)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 5. November 1997 werden aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Amtsgericht Pirmasens zurückverwiesen.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 160 000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2) sind die einzigen Kinder der am … verstorbenen Erblasserin. Sie sind aus deren erster Ehe hervorgegangen. In zweiter Ehe war die Erblasserin mit dem am … vorverstorbenen B. A. R. verheiratet, für den es sich ebenfalls um die zweite Ehe handelte. Seine einzigen Kinder sind die Beteiligten zu 3 bis 5), die seiner ersten Ehe entstammen.

Die Erblasserin und B. A. R. hatten am 19. Dezember 1989 vor dem Notar … in … zu UR-Nr. … einen Erbvertrag geschlossen und darin u. a. folgendes bestimmt:

(I)

1. Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu Alleinerben ein, ohne Rücksicht darauf ob und welche pflichtteilsberechtigte Personen vorhanden sind.

3. Der Überlebende von uns beruft hiermit die Abkömmlinge der Ehefrau aus deren erster Ehe sowie die Abkömmlinge des Ehemannes aus dessen erster Ehe als Berechtigte zu gleichen Teilen zu seinen Erben.

4. …

Sollte ein Abkömmling beim Tode des Zuerstversterbenden von uns seinen Pflichtteil geltend machen und erhalten, so scheidet er für sich und seine Rechtsnachfolger als Erbe des Überlebenden von uns aus.

(III)

Zur Klarstellung der Regelung in Ziffer I.3 wird folgendes nachgetragen:

Zu Schlußerben sind die Kinder des Ehemannes und der Ehefrau zu gleichen Teilen, d. h. zu je einem Fünftel berufen. …”

Nachdem die Erblasserin das Erbe nach ihrem verstorbenen Ehemann angetreten hatte, verlangten die Beteiligten zu 3 bis 5) jeweils den Pflichtteil nach ihrem Vater. Zu diesem Zweck machte der Beteiligte zu 5) vor dem Landgericht Zweibrücken einen Zivilprozess rechtshängig. Die Beteiligten zu 3) und 4) beschränkten sich auf eine außergerichtliche Geltendmachung. Zahlungen auf seinen Pflichtteil hat bislang keiner der Beteiligten zu 3 bis 5) erhalten.

Die Beteiligten zu 3 bis 5) haben die Erteilung eines Erbscheines beantragt, nach dem sie die Erblasserin zusammen mit den Beteiligten zu 1 und 2) jeweils zu 1/5 beerbt haben. Dem sind die Beteiligten zu 1 und 2) entgegengetreten und haben die Stellung eines Erbscheinsantrages in Aussicht gestellt, nach dem allein sie zu je 1/2 Erben ihrer Mutter geworden seien.

Der Nachlassrichter hat am 5. November 1997 einen Vorbescheid erlassen, mit dem er die Erteilung eines Erbscheins entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 3 bis 5) angekündigt hat. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2) hat das Landgericht mit Beschluss vom 8. April 1998 zurückgewiesen. Unter dem 4. Mai 1998 hat das Nachlassgericht den angekündigten Erbschein erteilt.

Die Beteiligte zu 1) hat gegen den Beschluss des Landgerichts vom 8. April 1998 weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie die Einziehung des Erbscheins begehrt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist statthaft und formgerecht eingelegt, §§ 27, 29 Abs. 1, Abs. 4 i.V.m. § 21 Abs. 2 FGG.

a) Die gemäß § 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG erforderliche Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt für die weitere Beschwerde schon daraus, dass ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (BGHZ 31, 92, 95; BayObLGZ 1982, 236, 238; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 13. Aufl. § 27 Rdn. 10, jeweils m.w.N.). Im Übrigen ist die Beteiligte zu 1) aber auch deshalb beschwerdeberechtigt, weil ihr in Anspruch genommenes Erbrecht durch den angefochtenen Beschluss beeinträchtigt wird (vgl. BGH FamRZ 1974, 645, 646; BayObLGZ 1982 aaO; BayObLG FamRZ 1976, 101, 102, jeweils m.w.N.).

b) Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 3) ergeben sich aus dem Umstand, dass der durch den Vorbescheid angekündigte Erbschein nach Abschluss des Erstbeschwerdeverfahrens erteilt worden ist, keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde. Nach Aktenlage ist der Erbschein vom 4. Mai 1998 den Beteiligten zugegang...

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