Entscheidungsstichwort (Thema)

Getrennte Abstimmung bei Mehrhaus-Wohnanlagen; Nichtigkeit eines Beschlusses über wiederholte Verwalterbestellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Über die Jahresabrechnung und über die Entlastung von Verwaltung und Verwaltungsbeirat haben auch in einer Mehrhaus-Wohnanlage grundsätzlich alle Wohnungs- und Teileigentümer abzustimmen.

2. Ein Eigentümerbeschluss über die wiederholte Bestellung des Verwalters für eine weitere Amtsperiode von fünf Jahren ist wegen Verstoßes gegen § 26 Abs. 2 Halbs. 2 WEG nichtig, wenn der Beschluss länger als ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst wird und die neue Amtszeit nicht mit der Neubestellung zu laufen beginnt.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 16.03.2004; Aktenzeichen 2 T 760/03)

AG Koblenz (Aktenzeichen 133 UR II 41/01 WEG)

 

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der in der Eigentümerversammlung vom 7.6.2001 zu TOP 8 gefasste Beschluss nichtig ist.

Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Koblenz zurückverwiesen.

II. Der Wert des Gegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 4.270,19 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer der im Beschlusseingang bezeichneten Wohnanlage (bestehend aus 16 Reihenhäusern, 53 Eigentumswohnungen und 15 Garagen), die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 7.6.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer jeweils mit Mehrheit zu Tagesordnungspunkt (TOP) 2 die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen für das Jahr 2000 sowie die Entlastung von Verwaltungsbeirat und Verwaltung und zu TOP 8 die Neubestellung der Beteiligten zu 3) als Verwalterin auf die Dauer von 5 Jahren ab dem 31.8.2001.

Am 9.7.2001 hat der Antragsteller beim AG beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Zur Begründung seines Begehrens nimmt er zum einen den Standpunkt ein, dass wegen der in § 16 der Teilungserklärung vom 12.6.1997 und dem Nachtrag dazu vom 7.8.1997 angeordneten Bildung von getrennten wirtschaftlichen Innengemeinschaften die Beschlussfassung nicht durch alle Wohnungseigentümer habe erfolgen dürfen; zum anderen macht er hinsichtlich TOP 2 inhaltliche Beanstandungen der Abrechnung geltend und rügt die behauptete Vereinbarungswidrigkeit des angewendeten Verteilungsschlüssels. Die Beschlussfassung zu TOP 8 über die Neubestellung der Verwalterin hält der Antragsteller wegen Verstoßes gegen § 26 Abs. 2 WEG für nichtig. Unabhängig davon widerspreche der Beschluss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sich die Verwalterin durch die wiederholte Weigerung, die Abrechnungen entsprechend der Teilungserklärung zu fertigen, als ungeeignet erwiesen habe.

Das AG hat mit Beschluss vom 14.7.2003 die beanstandeten Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt, weil sie von einem nach der Teilungserklärung nicht beschlusskompetenten Gremium gefasst worden und deshalb nichtig seien.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG die Entscheidung des AG aufgehoben und die Anträge auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse abgewiesen.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde will der Antragsteller weiterhin die Nichtigkeit der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 und 8 festgestellt wissen, hilfsweise verfolgt er das Anliegen, deren Ungültigerklärung zu erreichen.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, §§ 27, 29 FGG) und hat auch in der Sache (hinsichtlich TOP 2 zumindest vorläufig) Erfolg.

Die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Der in der Eigentümerversammlung vom 7.6.2001 zu TOP 8 gefasste Beschluss ist nichtig (dazu 1.). Hinsichtlich der Beschlussfassungen zu TOP 2 hat die Zivilkammer den Streitstoff zwischen den Beteiligten nicht ausgeschöpft und zu entscheidungserheblichen Punkten keine Ermittlungen durchgeführt (dazu 2. und 3.).

1. Der nach § 26 Abs. 1 S. 1 WEG gefasste Beschluss über die Neubestellung der Beteiligten zu 3) als Verwalterin ist wegen Verstoßes gegen § 26 Abs. 2 Halbs. 2 WEG nichtig.

Wie die Antragsgegner selbst vortragen (Schriftsatz vom 14.12.2001, dort S. 11 = Bl. 64 d.A.), war der zu TOP 8 gefasste Beschluss seinem Inhalt nach gerichtet auf die Neubestellung der Beteiligten zu 3) als Verwalterin für weitere fünf Jahre ab dem 31.8.2001.

Zwar ist nach § 26 Abs. 2 Halbs. 1 WEG eine wiederholte Bestellung des Verwalters zulässig. Mit dieser Regelung soll vermieden werden, dass sich die Wohnungseigentümer lediglich im Hinblick auf die Befristung der Bestellung von einem bewährten Verwalter trennen müssen. Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die erneute Verwalterbestellung kann indes frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden (§ 26 Abs. 2 Halbs. 2 WEG). Damit soll verhindert werden, dass eine erneute Bestellung la...

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