Leitsatz (amtlich)

1. Der Versitzende der Kammer für Handelssachen entscheidet nicht als „originärer” Einzelrichter i.S.d. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO.

2. Fehlt es an einer Beschwer in der Hauptsache (hier: weil dem Vollstreckungsantrag entsprochen wurde), kommt eine isolierte Anfechtung im Kostenpunkt nicht in Betracht.

 

Normenkette

ZPO § 99 Abs. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 568 Abs. 1 S. 1, § 793

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Aktenzeichen HK O 163/98)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

2. Der Gläubiger hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde zu tragen.

3. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde wird auf bis zu 900 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Gläubiger betreibt gem. § 887 ZPO gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Prozessvergleich, in dem sich diese u.a. verpflichtet hat, an die Betriebsstätte des Gläubigers Wasserpaletten zu liefern sowie den Transport zu organisieren und die Transportkosten zu bezahlen. Als Vorauszahlung für die entstehenden Transportkosten ist anfangs ein Betrag von 10.000 DM gefordert worden, der jedoch im Laufe des Verfahrens auf zuletzt 1.260 DM reduziert wurde.

Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des LG Kaiserslautern hat den Gläubiger antragsgemäß ermächtigt, den Transport durch ein von ihm zu beauftragendes Unternehmen vornehmen zu lassen und als Vorauszahlung einen Betrag von 644,23 Euro (= 1.260 DM) zu leisten. Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens einschl. der Kosten (vorausgegangener) Beschwerdeverfahren hat das LG gegeneinander aufgehoben. Hiergegen richtet sich die ausdrücklich auf den Kostenpunkt beschränkte Beschwerde des Gläubigers, mit der er geltend macht, die Schuldnerin habe sämtliche Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu tragen. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793, 99 Abs. 1 ZPO.

1. Über das Rechtsmittel hat der Senat in voller Besetzung zu entscheiden. Erlässt – wie hier – der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen den angefochtenen Beschluss, liegt kein Fall des „originären Einzelrichters” i.S.d. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO vor. In der Literatur wird zwar auch der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter i.S.d. Vorschrift angesehen (ohne Angaben von Gründen: Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 568 ZPO Rz. 2; Thomas/Putzo/Reichold, 24. Aufl., § 568 ZPO Rz. 2). Dem vermag der Senat aber nicht beizutreten. Er schließt sich vielmehr der überzeugend begründeten Auffassung des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe v. 23.4.2002 – 3A W 50/02) an. Danach ist ein Wille des Gesetzgebers, den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter i.S.d. § 568 ZPO zu behandeln, nicht ansatzweise erkennbar, so dass sich auch – etwa um dem Gedanken der Verfahrensbeschleunigung Rechnung zu tragen – eine lückenfüllende entspr. Anwendung der Vorschrift verbietet (vgl. zu §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 UmwG: BGH v. 4.5.1998 – II ZB 18/97, MDR 1998, 1172 = AG 1998, 426 = NJW 1998, 2536). Die von der Gegenmeinung befürwortete Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift erscheint demgegenüber schon mit Blick auf die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nicht vertretbar (zum Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters, wenn der Einzelrichter zu Unrecht an Stelle des Senats entscheidet vgl. BGH v. 19.10.1992 – II ZR 171/91, MDR 1993, 269 = NJW 1993, 600 [601]; v. 25.1.2001 – VII ZR 32/99, MDR 2001, 585 = BGHReport 2001, 258 = NJW 2001, 1357; Baumbach/Albers, 60. Aufl., § 547 ZPO Rz. 6).

2. Das Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen. Zwar bestimmen §§ 567 Nr. 1, 793 ZPO ausdrücklich, dass gegen Entscheidungen im Zwangsvollstreckungsverfahren die sofortige Beschwerde stattfindet. Diese Vorschriften gelten aber nur nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen der ZPO, zu denen die Regelung des § 99 Abs. 1 ZPO gehört. Danach kann die Entscheidung über den Kostenpunkt grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einem in der Hauptsache eingelegten Rechtsmittel nachgeprüft werden (vgl. auch zum Sinn und Zweck der Vorschrift: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.2.1981 – 3 W 5/81 = MDR 1981, 502, zitiert nach juris). Fehlt es demnach – wie hier – an einer Beschwer in der Hauptsache, kommt eine isolierte Anfechtung im Kostenpunkt nicht in Betracht (vgl. Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 567 ZPO Rz. 5 und vor § 511 Rz. 22; Stein/Jonas/Grunsky, 21. Aufl., § 567 ZPO Rz. 18 und Einl. vor § 511 Rz. 71).

3. Das Rechtsmittel ist auch nicht als außerordentliche Beschwerde wegen „greifbarer Gesetzwidrigkeit” statthaft. Dieses im Gesetz nicht vorgesehene Rechtsmittel greift allenfalls ein, wenn die angefochtene Entscheidung jeder rechtlichen Grundlage entbehrt oder mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie dem Gesetz inhaltlich fremd ist (vgl. dazu etwa BGH v. 1.7.1999 – I ZB 7/99, NJW-RR 2000, 2...

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