Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufgabenkreise: Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Regelung vermögensrechtlicher Angelegenheiten sowie Regelung von Behörden- und Wohnungsangelegenheiten bestehende Betreuung

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 08.09.1999; Aktenzeichen 5 T 64/99)

AG Trier (Beschluss vom 02.02.1999; Aktenzeichen 13 XVII 274/96)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Trier vom 2. Februar 1999 werden aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – Trier zurückverwiesen.

2. Der Antrag des Betroffenen, ihm für das Verfahren der weiteren Beschwerde unter Beiordnung von Rechtsanwalt … Prozesskostenhilfe ohne Ratenanordnung zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung des Senats ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

4. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Für den Betroffenen ist seit 17. Dezember 1996 Betreuung mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Regelung vermögensrechtlicher Angelegenheiten sowie Regelung von Behörden- und Wohnungsangelegenheiten angeordnet. Den ärztlichen Feststellungen zufolge leidet er seit Jahren unter einer Residualpsychose mit erheblicher Denkzerfahrenheit und manischen Zügen. Er befand sich deshalb in der Vergangenheit bereits häufig in stationärer Behandlung einer Nervenklinik bzw. in der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses. Zum Teil geschah dies freiwillig, teilweise aber auch aufgrund öffentlich-rechtlicher Unterbringung, zuletzt bis zum 7. Dezember 1998, genehmigt mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 28. August und 13. Oktober 1998. Nach seiner Entlassung beantragte der Pfleger des Betroffenen auf Anregung der behandelnden Ärzte vom 23. Dezember 1998, einen gerichtlichen Beschluss zur zwangsweisen Medikamentenzuführung (alle 14 Tage Depot-Neuroleptika) herbeizuführen. Das Amtsgericht hat nach vorausgegangener einstweiliger Anordnung eine zwangsweise Zuführung des Betroffenen zur ambulanten Verabreichung von Depot-Neuroleptika alle zwei Wochen im Krankenhaus vormundschaftsgerichtlich genehmigt, und zwar zunächst für die Dauer von zwei Jahren. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht dessen Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 70 b FGG zum Verfahrenspfleger bestellt. Es hat u.a. den Betroffenen und die behandelnde Ärztin angehört und sodann mit dem angefochtenen Beschluss die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen macht der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde im Wesentlichen geltend, dass die beschlossene Maßnahme nicht erforderlich und – im Hinblick auf die gravierende Nebenwirkung der Medikamente – nicht verhältnismäßig sei. Zudem werde die Anordnung auf die ärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin gestützt. Es fehle somit an einer objektiven Begutachtung durch einen weiteren Sachverständigen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Da sich das Rechtsmittel des Betroffenen gegen die von den Vorinstanzen gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BGB genehmigte Unterbringungsmaßnahme richtet, ist es als sofortige Beschwerde (§§ 70 m Abs. 1, 70 g Abs. 3 Satz 1, 70 Abs. 1 Nr. 1 b; 29 Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG) fristgerecht eingelegt und auch ansonsten in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, §§ 29 Abs. 1, Abs. 4, 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 FGG. In der Sache führt es zu einem vorläufigen Erfolg. Zwar unterliegt die vom Landgericht gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keinen rechtlichen Bedenken (vgl. insoweit zur Nachprüfung in Rechtsbeschwerdeinstanz Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG 14. Aufl. § 22 Rdnr. 44). Die angefochtene Entscheidung beruht aber auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO), soweit das Erstbeschwerdegericht die Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht gebilligt hat. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann die genehmigte Maßnahme nicht auf § 1906 Abs 1 Nr. 2 BGB gestützt werden. Ob es einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 1 BGB bedarf, lässt sich nach den getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Dies nötigt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache.

Das Landgericht hat ausgeführt, der Betroffene leide nach Darstellung der angehörten Ärztin an einer chronischen Schizophrenie, für die keine Heilungschance bestehe. Um eine Steigerung des Krankheitsbildes und weiteren gesundheitlichen Schaden abzuwenden, sei die Verabreichung von Neuroleptika erforderlich. Dem Betroffenen fehle die notwendige Einsichtsfähigkeit, die Erforderlichkeit der Behandlung erkennen zu können. Gegenüber der ansonsten notwendigen stationären psychiatrischen Behandlung stelle die Genehmigung der kurzfristigen Vorführung im Krankenhaus – auch unter Berücksichtigung der Nebenwirkung – das mildeste Mittel dar, um die erforderliche ärztliche Behandlung sicherzustellen. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Die hier angeordnete Zwangsmedikation mi...

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