Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Missbrauch bei Stimmenmehrheit eines Eigentümers

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Aktenzeichen 8 b II 50/86 WEG)

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 1 T 29/89)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte zu 11 b) hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 10.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Teil- und Wohnungseigentümer der im Beschlußeingang bezeichneten Anlage, die aus 19 Wohnungen und 3 Ladenlokalen besteht.

Das im Aufteilungsplan mit I bezeichnete Teileigentum, ein Ladenlokal, in dem ein Supermarkt betrieben wird, gehört der Beteiligten zu 11 b), deren Mitglied … zugleich geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Beteiligten zu 11 a) und Mitgeschäftsführer der Beteiligten zu 10 ist. Die im Aufteilungsplan mit II und III bezeichneten Teileigentumseinheiten gehören der Beteiligten zu 11 a), die 19 Wohneinheiten den Beteiligten zu 1 bis 9 und zu 11 c).

§ 14 der von der Beteiligten zu 11 a) als Bauträgerin und früherer Alleineigentümerin errichteten Teilungserklärung regelt das Stimmrecht für die Beschlußfassung in der Eigentümerversammlung abweichend von § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG dahin, daß von insgesamt 51 Stimmen auf den Eigentümer des Teileigentums I 26 Stimmen, auf die Eigentümer der Teileigentumseinheiten II und III je 3 Stimmen und auf die Wohnungseigentümer je 1 Stimme entfallen.

Verwalterin der Anlage war zunächst die Beteiligte zu 11 a, die sich zur Erfüllung ihrer Verwalteraufgaben der Beteiligten zu 10 bediente. In der Eigentümerversammlung vom 29. Juli 1986 wurde unter Tagesordnungspunkt 07.1 über die Wahl des Verwalters abgestimmt. Dabei stimmten die Teileigentümer und 3 Wohnungseigentümer für die Wahl der Beteiligten zu 10, während 15 Wohnungseigentümer – 1 Wohnungseigentümer war nicht erschienen – ihre Stimmen für die Miteigentümerin Eser abgaben. Im Versammlungsprotokoll vom 16. Januar 1987 ist als Ergebnis dieser Abstimmung festgehalten, daß die Beteiligte zu 10 mit einer Mehrheit von 35 Stimmen für weitere 5 Jahre als Verwalterin gewählt sei.

Die Beteiligten zu 1 bis 9 haben beantragt, den Beschluß über die Verwalterwahl für ungültig zu erklären und für eine erneute Verwalterwahl eine von § 14 der Teilungserklärung abweichende, angemessene Stimmrechtsregelung zu treffen. Das Amtsgericht hat eine rechtsmißbräuchliche Stimmrechtsausübung der Teileigentümer verneint und die Anträge abgewiesen.

Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat die Zivilkammer den amtsgerichtlichen Beschluß aufgehoben und auf den hierauf beschränkten Antrag der Beschwerdeführer festgestellt, daß der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 29. Juli 1986 gefaßte Beschluß über die Verwalterwahl ungültig sei. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 11 b), der die Beteiligten zu 1 und 2 entgegengetreten sind.

II.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zwar teilt der Senat nicht die Auffassung der Beschwerdekammer, daß die in § 14 der Teilungserklärung getroffene Stimmrechtsregelung sittenwidrig und deshalb nichtig sei; die angefochtene Entscheidung erweist sich aber aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig.

1. Die Beschwerdekammer hält die Stimmrechtsregelung in § 14 der Teilungserklärung für sittenwidrig, weil sie die Teileigentümer ohne rechtfertigenden Grund und damit willkürlich in einem Maße bevorzuge, das die Stimmrechte der Wohnungseigentümer faktisch beseitige und damit deren Eigentümerstellung innerhalb der Gemeinschaft aushöhle. Diese Auffassung gründet sich vor allem auf den Umstand, daß der Eigentümer des Teileigentums I mit 26 von 51 Stimmen stets die absolute Stimmenmehrheit inne hat, obgleich mit dem Teileigentum I nur 2.842/10.000 (28,42 %) der Miteigentumsanteile verbunden sind.

Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

In Rechtsprechung und Schrifttum ist allgemein anerkannt, daß das in § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG normierte sogen. Kopfprinzip durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer abbedungen und durch eine andere Stimmrechtsregelung ersetzt werden kann (vgl. statt aller BayObLG Rpfleger 1986, 220 m.w.N.). Üblicherweise geschieht dies dahin, daß sich das Stimmrecht nach der Anzahl der Eigentumseinheiten oder nach der Größe der Miteigentumsanteile richtet (sog. Wertprinzip; vgl. BayObLG aaO m.w.N.). Das Wertprinzip findet seine innere Rechtfertigung vor allem darin, daß der Eigentümer mit dem größeren Miteigentumsanteil oder mit mehreren Eigentumseinheiten gemäß § 16 Abs. 2 WEG auch einen größeren Anteil der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen hat (vgl. BayObLG aaO m.w.N.).

Von diesem unproblematischen Fall unterscheidet sich der vorliegende, wie die Beschwerdekammer zutreffend hervorhebt, dadurch, daß hier den Eigentümern der drei Ladenlokale eine Meh...

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