Leitsatz (amtlich)

Die rechtskräftige Aufhebung der Prozesskostenbeihilfebewilligung nach § 124 Nr. 4 ZPO wegen Nichtzahlung der festgesetzten Raten schließt eine Neubewilligung für dasselbe Verfahren nicht grundsätzlich aus. Dies jedenfalls dann, wenn nunmehr wegen einer Verschlechterung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Anordnung von Ratenzahlungen nicht – mehr – in Betracht kommt.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 124 Nr. 4, § 127 Abs. 2 S. 2, § 3

 

Verfahrensgang

AG Speyer (Aktenzeichen 42 F 430/91)

 

Tenor

Der Beschluss des AG – FamG – Speyer vom 1.2.2002 wird geändert:

Dem Antragsteller wird für das Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe ab Antragstellung (13.12.2001) bewilligt und ihm Rechtsanwältin N., H., gemäß deren Einverständnis zu den Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin beigeordnet.

Der Antragsteller hat auf die Prozesskosten keine Raten zu erbringen.

 

Gründe

Die dem Antragsteller vom AG – FamG – Speyer für seinen Scheidungsantrag vom 4.7.1991 bewilligte Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss vom 17.7.1992 wegen Nichtzahlung der festgesetzten Raten gem. § 124 Nr. 4 ZPO aufgehoben. Danach wurde das Scheidungsverfahren bis Mitte 2000 nicht weiterbetrieben. Mit Beschluss vom 17.1.2001 hat das FamG den Antrag des Antragstellers, ihm erneut Prozesskostenhilfe zu bewilligen, im Hinblick auf die Aufhebungsentscheidung zurückgewiesen.

Im Termin des FamG vom 13.12.2001 hat der Antragsteller erneut um Prozesskostenhilfe nachgesucht. Diesen Antrag hat das FamG mit Beschluss vom 1.2.2002 zurückgewiesen, da es nicht zu Lasten der Staatskasse gehen dürfe, dass dem Antragsteller wegen verschlechterter wirtschaftlicher Verhältnisse nunmehr keine Ratenzahlungen mehr aufgegeben werden könnten.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO statthaft und auch i.Ü. zulässig.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

In Rechtsprechung und Literatur wird keine einheitliche Auffassung zu der Frage vertreten, ob nach dem Entzug von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 4 ZPO eine erneute Bewilligung für dasselbe Verfahren ausgeschlossen ist.

Teilweise wird dies mit Hinweis auf den Sanktionscharakter der Vorschrift des § 124 Nr. 4 ZPO vertreten, die andernfalls leer laufen würde, wenn es der Partei gestattet werde, nach der Aufhebungsentscheidung sofort einen neuen Antrag zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf v. 1.3.1995 – 3 U 36/92, FamRZ 1996, 617; OLG Naumburg v. 14.1.1997 – 3 WF 136/96, OLGReport Naumburg 1997, 72; Wax in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 124 Rz. 14; Musielak/Fischer, ZPO, 2. Aufl., § 124 Rz. 11). Teilweise wird die vorgenannte Ansicht jedenfalls für den Fall vertreten, dass eine Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse nicht eingetreten ist (OLG Koblenz FamRZ 1996, 1427).

Nach anderer Auffassung schließt eine Aufhebungsentscheidung nach § 124 Nr. 4 ZPO einen neuen Antrag nicht von vornherein aus. Dabei wird darauf abgestellt, dass eine Aufhebungsentscheidung unbefristet mit einer Beschwerde angreifbar ist und somit nicht in formelle Rechtskraft erwächst (dieses Argument ist durch die Neufassung von § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO für die Zeit ab 1.1.2002 nicht mehr wie bisher gültig). Einschränkend wird hierzu vertreten, Prozesskostenhilfe könne erst ab dem neuen Antrag bewilligt werden (OLG Köln FamRZ 1998, 1524; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 124 Rz. 26) und mit Rücksicht auf die Bestandskraft der Aufhebungsentscheidung nicht für denselben Streitgegenstand (OLG Köln FamRZ 1998, 1524: nur für die Geltendmachung künftigen Unterhalts). Einer weiteren Auffassung zufolge kommt eine Neubewilligung nur in Betracht, wenn neue Gründe hierfür geltend gemacht werden können (Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 124 Rz. 30 i.V.m. § 117 Rz. 33).

Auch nach Auffassung des Senats lässt sich aus der gesetzlichen Regelung nicht herleiten, dass nach der Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen Nichtzahlung der Raten (§ 124 Nr. 4 ZPO) eine Neubewilligung grundsätzlich ausscheidet. Die vom Gesetz vorgesehene Sanktion für die Nichtzahlung der angeordneten Raten ist die Aufhebung der Bewilligung mit der Folge, dass die Kostenbefreiung des § 122 ZPO für die Partei entfällt (vgl. etwa Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 124 Rz. 30). Wenn, wie im vorliegenden Falle, die Aufhebungsentscheidung hingenommen wird (nach neuer Rechtslage auch formell rechtskräftig geworden ist), scheidet eine erneute Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung allerdings aus. Denn in diesem Fall käme die Neubewilligung einer Änderung der Aufhebungsentscheidung gleich, ohne dass hierfür eine sachliche Begründung gegeben wäre.

Anders ist die Rechtslage nach Auffassung des Senats indes zu beurteilen, wenn nunmehr wegen einer Verschlechterung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine Ratenzahlung nicht mehr angeordnet werden kann. Andernfalls würde die bedürftige Partei ohne zwingenden Grund ggü. einer nicht bedürftigen Partei benachteiligt. Dem Umstand, dass einem bei der Erstbewill...

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