Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine grobe Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs bei Prostitution

 

Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, dass der ausgleichsberechtigte Ehepartner über Jahre hinweg und mit Kenntnis des anderen Ehegatten der Prostitution nachgegangen ist, rechtfertigt für sich allein gesehen kein Absehen von der Durchführung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit.

 

Normenkette

VersAusglG § 27

 

Verfahrensgang

AG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 17.11.2015; Aktenzeichen 2 F 126/15)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 17.11.2015 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.241,00 EUR festgesetzt.

5. Der Antrag des Antragsgegners, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sich gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wendet, ist förmlich nicht zu beanstanden, §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 65 Abs. 1, 228 FamFG. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die im angefochtenen Verbundbeschluss getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist nicht zu beanstanden.

1. Die auszugleichenden Anrechte sind auf der Grundlage der Auskünfte der Versorgungsträger rechnerisch zutreffend ermittelt. Der Antragsgegner erhebt demgegenüber auch keine Einwendungen.

2. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners liegen die Voraussetzungen für eine Beschränkung oder einen Wegfall des Versorgungsausgleichs i.S.v. § 27 VersAusglG nicht vor.

Gemäß § 27 findet der Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dabei gilt ein strenger Maßstab. Eine grobe Unbilligkeit liegt nur dann vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widerspräche (st. Rspr. vgl. etwa BGH vom 18.1.2012 - XII ZB 213/11; BGH vom 9.9.2015 - XII ZB 211/15, jew. zit. n. Juris m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

Der Antragsgegner begründet seine gegenteilige Auffassung im Wesentlichen damit, die Antragstellerin sei während der Ehe der Prostitution nachgegangen, habe sich nicht im erforderlichen Umfang um die beiden gemeinsamen Kinder gekümmert, habe nur unregelmäßig zum Familienunterhalt beigetragen und auch keine angemessene eigene Altersversorgung aufgebaut. Sie habe Gelder nach Thailand transferiert, wo sie über ein Haus verfüge, durch das sie im erforderlichen Maße abgesichert sei. Er selbst sei mit einem Grad der Behinderung von 50 % an Diabetes mellitus erkrankt, so dass nicht sicher sei, ob er überhaupt bis zur Regelaltersgrenze werde arbeiten können.

Dieses Vorbringen vermag eine Anwendung von § 27 VersAusglG nicht zu rechtfertigen.

a. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin der Prostitution nachgegangen ist, rechtfertigt die Anwendung des § 27 VersAusglG nicht. Denkbar wäre dies allenfalls dann, wenn es ohne Kenntnis und ohne Einverständnis des Antragsgegners geschehen und dadurch die eheliche Treuepflicht nachhaltig und in besonders kränkender Weise verletzt worden wäre (vgl. dazu OLG Hamburg vom 7.7.2009 - 4 UF 30/09 zit. n. Juris). So liegen die Dinge im hier zu entscheidenden Falle jedoch nicht. Dem Antragsgegner war die sich über Jahre hinweg erstreckende Tätigkeit der Antragstellerin bekannt. Zwar behauptet er, er sei damit nicht einverstanden gewesen und habe das Verhalten der Antragstellerin nur deshalb hingenommen, weil er sich nicht zu helfen gewusst habe. Allein daraus ergibt aber keine Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs. Dem steht entgegen, dass der Antragsgegner sich auch nach seinem eigenen Vorbringen jedenfalls über Jahre hinweg auf das Verhalten der Antragstellerin eingerichtet hatte. Es kann deshalb dahinstehen, ob seine von der Antragstellerin bestrittene Behauptung, er habe sein Einverständnis verweigert, überhaupt zutrifft und ob nicht gerade auch der Umstand, dass er dem Scheidungsantrag zunächst entgegengetreten ist, gegen die Richtigkeit seiner Behauptung spricht.

b. Soweit der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin habe ihre Pflichten als Mutter der gemeinsamen Kinder vernachlässigt und nur unregelmäßig zum Familienunterhalt beigetragen, ist sein Vorbringen streitig geblieben. Konkrete Anknüpfungstatsachen oder Beweismittel, die dazu dienen könnten, die Richtigkeit seiner Behauptungen aufzuklären, hat der Antragsgegner nicht benannt. Solche Anhaltspunkte sind auch sonst nicht ersichtlich. Schon deshalb vermag sein Vorbringen auch in diesem Punkt keine grobe Unbilligkeit zu begründen. Dabei kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen in der Sache überhaupt zur schlüssigen Darlegung einer gröblichen Verletzung der Unterhaltspflicht ausreichen würde, wie sie für ein...

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