Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen bei einer Anlageberatung unabhängig vom Zahlungsfluss (Abgrenzung zu BGH XI ZR 338/08 vom 27.10.2009).

2. Zum Erfordernis, entgangenen Gewinn in Form von alternativen Anlagezinsen bei der Beteiligung an einem "Steuersparmodell" auch in Ansehung von § 287 ZPO substantiiert darzustellen.

 

Normenkette

BGB §§ 252, 254, 280 Abs. 1; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 27.11.2009; Aktenzeichen 2 O 456/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Ravensburg vom 27.11.2009 in Ziff. 1 wie folgt teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20825 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29.1.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 39.750 EUR

Wert der einzelnen Anträge:

  • Ziff. 1: 20.825 EUR; Ziff. 2: 15.925 EUR;
  • Ziff. 3: 3.000 EUR; Ziff. 4 und 5: jeweils ohne eigenen Wert
 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung einer Kapitalanlage mit der Begründung, die Beklagte habe ihre Pflichten aus einem Anlageberatungsvertrag verletzt und schulde deshalb Schadensersatz.

Er zeichnete nach Gesprächen mit dem Zeugen Wxxx - einem Kundenberater der Ravensburger Filiale der Beklagten - am 1.9.2004 eine Treuhandbeteiligung an der Fxxx VIP Mxxx 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: VIP 4) mit einer Einlage von 35.000 EUR zzgl. eines Agios von 5 % (1.750 EUR). An diesem Tag wurde ihm auch der Emissionsprospekt ausgehändigt.

Die Einlage brachte der Kläger i.H.v. 20.825 EUR aus eigenem Kapital auf. Die restliche Beteiligungssumme finanzierte er mit einem Darlehen der Xxxbank über 15.925 EUR.

Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Kapitalanlage eine Provision, die sich auf 8,25 bis 8,72 % der Zeichnungssumme belief. Hierüber wurde zwischen dem Kläger und dem Zeugen Wxxx nicht gesprochen.

Der Kläger hat sich darauf berufen, die Beklagte habe ihre Pflichten als Anlageberaterin verletzt, indem sie es versäumt habe, ihm die erhaltenen Provisionen zu offenbaren. Darüber hinaus habe sie ihn über die Risiken der Anlage nicht richtig aufgeklärt, weil bereits durch die Bezeichnung der Beteiligung als "Garantiefonds" - aber auch durch die Beratung im Übrigen - die unzutreffende Erwartung geweckt worden sei, hinsichtlich des eingezahlten Kapitals bestehe keinerlei Verlustrisiko. Die Beklagte schulde ihm daher die Rückzahlung seiner Einlagen und den Ersatz des ihm entgangenen Zinsgewinns aus einer alternativen Anlage sowie etwaiger steuerlicher und wirtschaftlicher Nachteile aus der Beteiligung Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots ggü. der Beklagten auf Übertragung der Beteiligung, hilfsweise gegen Übertragung der Beteiligungen. Außerdem müsse sie ihn von den ggü. der Xxxbank bestehenden Darlehensverbindlichkeiten freistellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Verfahrens in erster Instanz wird ergänzend auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe den zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag verletzt, weil sie die Anlage als garantiert und damit das Anlagerisiko unrichtig dargestellt habe. Wegen der missverständlichen Bezeichnung der Beteiligung als "Garantiefonds" sei die Beklagte gehalten gewesen, das Wesen der "Garantie" klar herauszuarbeiten. Dass dies geschehen sei, habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus habe die Beklagte ihre Pflichten verletzt, indem sie es unterlassen habe, dem Kläger die von ihr erhaltene Provision offenzulegen. Die Angaben, die der Prospekt hierzu enthalte, seien nicht ausreichend. Die Beklagte könne sich zu ihrer Entlastung auch nicht auf einen Rechtsirrtum berufen. Diese Beratungsfehler seien kausal für die Anlageentscheidung des Klägers gewesen. Deshalb könne er als Schadensersatz die Rückabwicklung der Beteiligung und die Freistellung von den Verbindlichkeiten aus der Anteilsfinanzierung verlangen, Zug um Zug gegen das Angebot, die Beteiligung auf die Beklagten zu übertragen. Eine Abtretung seiner Ansprüche aus dem Treuhandvertrag sei ohne Genehmigung möglich. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet, sein - von der Darlehensgeberin bestrittenes - Widerrufsrecht auszuüben und das damit verbundene Prozessrisiko zu tragen.

Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte die Abänderung des angefochtenen Urteils und die Abweisung der Klage....

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