Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlername als Gegenstand des Namensschutzes. „Ivan Rebroff”

 

Leitsatz (amtlich)

Ob die deutschen Gerichte international zuständig sind, ist auch in der Berufungsinstanz noch zu prüfen; § 512 a ZPO gilt insoweit nicht.

Auch der Nachname als Teil eines Künstlernamens genießt zwar den Namensschutz des § 12 BGB, wenn schon sein alleiniger Gebrauch beim Publikum die Erinnerung an den Träger des Künstlernamens weckt und daher geeignet ist, Verwechslungen mit diesem hervorzurufen.

Mangels Verwechslungsgefahr besteht aber kein Namensschutz für den Nachnamen als Teil des Künstlernamens eines Sängers gegenüber einer wortgleichen Marke – eingetragen für Waren der Klasse 33 (Spirituosen, Liköre, Weine, Schaumweine und weinhaltige Getränke).

 

Normenkette

MarkenG § 96 Abs. 3; ZPO § 23; BGB § 12 S. 2; MarkenG §§ 51, 13 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 17 O 243/2000)

 

Tenor

1. das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.09.2000 wird

abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Klägers: 50.000 DM

 

Tatbestand

Der Kläger wurde als Hans-Rolf R. geboren, bezeichnet sich selbst als einen bekannten Künstler auf dem Gebiet der klassischen Musik und tritt seit den 50er Jahren unter dem Künstlernamen „I. R.” auf.

Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Cham, Schweiz, ist Inhaberin der Wortmarke „R.”, welche beim Deutschen Patent- und Markenamt seit 04.05.1995 für „Spirituosen”, Liköre, Weine, Schaumweine und weinhaltige Getränke eingetragen ist (Anl. K 1).

Sie stellt unter der genannten Marke in Deutschland Vodka in Dosen her; die Dosen tragen die Aufschrift „R. … VODKA”; zwischen den genannten beiden Worten befindet sich das Bild eines Mannes, der einen russischen Zaren darstellen soll. Die Dosen sind ausschließlich für den Export in Länder außerhalb der EU bestimmt und werden vor allem in die Länder Irak. Iran und die Türkei ausgeführt.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Löschung der für sie eingetragenen Marke „Rebroff” in Anspruch.

Er hat dazu vor dem Landgericht vorgetragen, er sei auch heute noch unter seinem Künstlernamen berühmt, weil er jährlich etwa 150 Konzerte in Deutschland gebe und darüber hinaus etwa 10 Fernsehauftritte absolviere. Da er seinen Künstlernamen seit den 50er Jahren trage, die Marke der Beklagten jedoch erst 1995 eingetragen worden sei, stehe ihm aufgrund seines Namensrechts ein älteres Recht zu. Auch wenn in der Marke der Beklagten sein Vorname weggelassen sei, werde sein Namensrecht durch Nennung seines Nachnamens verletzt, denn er werde schon allein durch seinen Nachnamen ausreichend individualisiert.

Der Kläger hat vor dem Landgericht beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung der für die Waren und Dienstleistungen „Spirituosen. Liköre, Weine, Schaumweine, weinhaltige Getränke” am 23.08.1994 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 04.05.1995 in die Warenzeichenrolle beim Deutschen Patentamt eingetragenen Marke Nr. 2905489 „R.” gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen.

Die Beklagte hat demgegenüber beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dazu vorgetragen:

Rebroff sei in Russland ein „Allerweltsname” und wegen seines typisch russischen Klangs für die Vodkadosen ausgewählt worden. Eine erkennbare Bezugnahme auf „I. R.” fehle hier schon deshalb, weil die Beklagte nur Inhaberin der Marke „R.” in Alleinstellung sei.

Auch aus anderen Gründen scheide hier eine Verletzung des Namensrechts des Klägers aus. So verhindere schon die Verbindung von Name und russischem Zarenbild auf der Dose eine Assoziation mit dem Kläger. Da der Vodka ausschließlich zum Export bestimmt und der Kläger den außereuropäischen Käufern der Dosen unbekannt sei, fehle jedenfalls die für eine Namensrechtsverletzung notwendige Verwechslungsgefahr durch die maßgeblichen Verkehrskreise.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Einwilligung in die Löschung der Marke „R.” verurteilt.

Anspruchsgrundlage bildeten die §§ 51, 13 Abs. 2 Ziff. 1 MarkenG/12 BGB. Verkehrsgeltung in Deutschland könne der Kläger für seinen sogar berühmten Künstlernamen „Ivan Rebroff”, aber auch für den Namensbestandteil „R.” in Alleinstellung beanspruchen. Denn dieser in Deutschland ausgesprochen seltene Name sei geeignet, den Kläger hinreichend zu konkretisieren.

Eine Verletzung der Interessen des Klägers sei wegen Verwechslungsgefahr zu bejahen; dafür reiche es aus, dass hier der Eindruck entstehen könne, der Kläger vermarkte seinen Namen. Maßgeblich für die Verkehrsgeltung/Berühmtheit dieses Namens sei die Sicht der inländischen Bevölkerung. Da aber Produktion und Vertrieb des Vodka im Inland erfolgten, werde die Gesamtbevölkerung – mangels gegenteiligen Beklagtenvortrags – durch eine Vielzahl von Inländern repräsentiert, die damit befasst seien. Aus diesem Grund sei unerheblich, dass die Dosen aussc...

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