Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfandrecht am Auseinandersetzungsanspruch eines Kommanditisten bei Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über dessen Vermögen; Aufrechnung im Gesamtvollstreckungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1) Ein an einem Auseinandersetzungsanspruch bestelltes Pfandrecht entsteht erst mit Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft. Es ist daher nicht insolvenzfest, wenn die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses auf der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen des Schuldners beruht.

2) Eine Gesellschaft, deren Forderungen gegen einen Gesellschafter bereits vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über dessen Vermögen fällig geworden sind, kann gegen den erst mit Verfahrenseröffnung entstehenden Auseinandersetzungsanspruch des Gesellschafters aufrechnen. §§ 54 KO, 95 InsO sind insoweit im Gesamtvollstreckungsverfahren entsprechend anwendbar.

 

Orientierungssatz

– Pfandrecht an Auseinandersetzungsanspruch eines Kommanditisten bei Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über dessen Vermögen/

– Aufrechnung im Gesamtvollstreckungsverfahren

 

Normenkette

BGB §§ 394, 1273-1274; GesO § 2 Abs. 4, § 7 Abs. 5, § 12; KO § 54; InsO § 95

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 26 O 318/99)

 

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 11.02.2000 wird

zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 13.000,– abwenden, sofern die Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Berufungsstreitwert und Beschwer des Klägers:

210.512,68 DM

 

Tatbestand

Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Dresden mit Wirkung vom 01.05.1998 zum Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Fa. Autoteile … GmbH (nachstehend: Schuldnerin) bestellt (Anl. K 1), nachdem am 10.02.1998 bereits die Sequestration über das Vermögen dieser Gesellschaft angeordnet worden war (Anl. K 7).

Die Schuldnerin war aufgrund Beitrittserklärung vom 01.08.1991 (Anl. B 1) Kommanditistin der Beklagten, die ein Großhandelsunternehmen im Bereich des Kraftfahrzeugersatzteilhandels betreibt. Ihr Geschäftszweck ist daneben darauf gerichtet, ihren Kommanditisten, bei denen es sich wie bei der Schuldnerin um Kraftfahrzeugersatzteilhändler oder um Kraftfahrzeugwerkstätten handelt, die Teilnahme an einem agenturmäßig betriebenen Gemeinschaftseinkauf von Kraftfahrzeugersatzteilen zu günstigen Einkaufskonditionen zu ermöglichen (§ 2 des Gesellschaftsvertrags, Anl. K 3). Im Rahmen dessen bestellte die Schuldnerin bei in Geschäftsbeziehungen zur Beklagten stehenden Herstellern Ware, die Beklagte übernahm das Delkredere und die Zentralregulierung der dadurch begründeten Zahlungsverpflichtungen.

Gemäß § 17 des Gesellschaftsvertrags scheidet ein Gesellschafter mit rechtskräftiger Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens aus der Gesellschaft aus, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Im Blick darauf macht der Kläger Abfindungsansprüche in Höhe von insgesamt 210.512,68 DM geltend.

Der Beklagte hält dem „vorinsolvenzrechtliche ” Gegenansprüche aus Warenlieferungen und Ansprüche aus der Übernahme des Delkrederes in Höhe von 286.915,12 DM entgegen. Sie hat mit diesen die Aufrechnung erklärt und beruft sich darüber hinaus auf ein ihr im Gesellschaftsvertrag zur Sicherheit für ihre Ansprüche eingeräumtes Pfandrecht an den Ansprüchen der Schuldnerin aus dem Gesellschaftsverhältnis.

Im einzelnen:

Nach § 4 der Satzung der Beklagten werden für jeden Gesellschafter neben dem Kapitalkonto ein Darlehenskonto, ein sog. Verfügungskonto sowie ggf. ein Verlustkonto geführt. Dem Darlehenskonto werden 50 % der dem Gesellschafter zugewiesenen Gewinnanteile sowie darauf entfallende Zinsen gutgebracht. Der Rest der Gewinnanteile sowie Lieferantenboni werden auf dem Verfügungskonto verbucht und dieses ebenfalls verzinst.

Die dem Kommanditisten aus diesen beiden Konten zustehenden Guthaben können von ihm nicht entnommen werden, sondern sind nur zusammen mit der Gesellschafterstellung kündbar. Ausnahmen sind bezüglich des Darlehenskonto durch Gesellschafterbeschluss mit 75 %-iger Mehrheit möglich, beim Verfügungskonto bei Freigabe durch den Aufsichtsrat.

Bei Ausscheiden aus der Gesellschaft erhält der Kommanditist neben den dann fällig werdenden Guthaben aus den beiden genannten Konten gem. § 20 der Satzung eine Abfindung. Diese errechnet sich aus dem Buchwert sowie aus zwei sich aus dem Durchschnitt der Gewinne der letzten fünf Jahre ergebenden Gewinnanteilen. Die Abfindung ist in vier gleichen Halbjahresraten auszuzahlen.

Der streitige Betrag von 210.512,08 DM setzt sich vor diesem Hintergrund wie folgt zusammen:

1.

Darlehenskonto:

14.658,25 DM

2.

Verfügungskonto:

41.279,03 DM

3.

Abfindungskonto gem. § 20

154.575,40 DM

(von den Parteien auch als Kapitalkonto bezeichnet)

Die Ansprüche der Bekl...

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