Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 26.09.2008; Aktenzeichen 31 O 29/08 KfH)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26.9.2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.3.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 16.3.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 EUR seit dem 27.3.2008 bis 29.7.2008 sowie aus 435.680,55 EUR vom 30.7.2008 bis 22.2.2009 sowie aus 571.680,55 EUR seit dem 23.2.2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000 EUR aus dem am 2.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 2.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 1.657.360,33 EUR

 

Gründe

I.1. Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus und verlangt von ihrer früheren Hausbank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von zwei Zinsswap-Verträgen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt:

Die Beklagte schloss mit der Klägerin am 28.3.2002 einen Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte (Anlage K1) sowie am 21.11.2003 einen Anhang zum Rahmenvertrag über die vorzeitige Erfüllung durch Ausgleichszahlung (Anlage K2). Die Parteien hatten in der Folgezeit fünf verschiedene Swap-Verträge abgeschlossen, darunter einen 3-Monats-EURIBOR-Zinsswap und einen EURIBOR-Ladder-Swap. Diese sind nicht im Streit. Gegenstand des Rechtsstreits sind ein weiterer sog. "Ladder-Swap" und ein sog. "CMS-Spread-Sammler-Swap".

Zum Ladder-Swap:

Die Beklagte übergab der Klägerin ein auf den 3.2.2005 datierendes Strategiepapier "Strukturierter und vorzeitig mit Ausgleichszahlung beendbarer EUR-Zinsswap mit EURibor-Koppelung - "Ladder-Swap mit MTC" (Anlage B18). Es hatte auszugsweise folgenden Inhalt:

Kundenpositionierung und Markterwartung

  • Sie haben einen Finanzierungsbedarf bzw. bestehende Finanzierungen in EUR
  • Sie möchten Ihre Zinsbelastung für die kommenden Jahre reduzieren
  • Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-Euribors.
  • Diese Markterwartung möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung nutzen.
  • (...)

Strategievorschlag:

Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit EURibor-Koppelung ("Ladder-Swap")

Chancen

Verbleibt der 3-Monats-EURIBOR auf dem derzeitigen Stand oder steigt er nur geringfügig und wird der Swap von der (Beklagten) nicht vorzeitig beendet, so verbilligen Sie Ihre Finanzierung auf die folgenden Perioden.

Risiken

  • Bei einem starken Anstieg des 3-Monats-EURIBOR verringert sich Ihre Verbilligung. Ergibt die o.g. Formel unter Einbeziehung des Zinssatzes der vorherigen Periode und des festgestellten 3-Monats-EURIBOR einen Zinssatz von mehr als 3,50 %, so schlägt die Strategie zur Zinsverbilligung ins Gegenteil um und Sie zahlen für diese Periode einen höheren Zinssatz, als Sie von der (Beklagten) empfangen. Bei entsprechender Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR ist für die folgende Periode eine Verbilligung unter Umständen wieder möglich.
  • Worst Case": Da die Entwicklung des 3-Monats-EURBIOR nicht voraussehbar ist, kann kein "wort-case" beziffert werden, d.h. die Strategie ist bei einer für Sie ungünstigen Entwicklung des Referenzzinssatzes mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko verbunden.

Das Strategiepapier enthielt 3 Szenarioanalysen im Tabellenformat zur Darstellung der Zahlungsverpflichtungen, bezogen auf einen Basiswert von 11 Mio. EUR. Das erste Szenario sah eine nahezu gleichmäßige kontinuierliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR während der 20 Perioden der Laufzeit von 2,14 % auf 3,68 % vor und endete mit einer "Zinsersparnis" i.H.v. ca. 1,4 Mio. EUR. Das zweite Szenario stellte beginnend bei einem 3-Monats...

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