Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 09.05.1997; Aktenzeichen 2 O 15/97)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 9.5.1997 (AZ.: 2 O 15/97) wird – unter Abweisung auch der weitergehenden Klage –

zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Kläger:

190.000,00 DM

 

Tatbestand

Die Kläger, ökologisch arbeitende Landwirte, verlangen von der Beklagten, welche auf einem benachbarten Grundstück Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Zuckerrüben unternimmt, die Untersuchung von Pflanzen- und Bodenproben aus ihren benachbarten Feldflächen mit dem Ziel, eine befürchtete Übertragung rekombinanten Erbmaterials zu kontrollieren, ferner die Unterlassung jedweden Transfers gentechnisch veränderter Erbinformationen auf die Felder der Kläger.

Der Kläger Ziff. 1 ist Eigentümer der im Grundbuch von T., Gemarkung O., eingetragenen Grundstücke Flurstück-Nr. 363, 372 bis 375, 377, 2517 bis 2529, 2531, 2534, 236 bis 239 und 2550 bis 2564 (vgl. hierzu den Lageplan in Anlage zu Bl. 331 d.A.). Als Vollerwerbslandwirt hat er diese Flächen zunächst selbst bewirtschaftet und mit Wirkung vom 30.6.1998 an seinen Sohn und seine Schwiegertochter, die Kläger Ziff. 2 und 3, verpachtet. Die landwirtschaftliche Nutzung erfolgt nach ökologischen Grundsätzen.

Im Südosten grenzt das von der Beklagten geführte Lehr- und Versuchsgut T. an, zu dem die Flurstücke 2565 bis 2581, 2723, 2724, 2726 und 2721 gehören. Die Beklagte führt auf diesem Gelände, und zwar mittig auf dem Flurstück 2724, Parzelle Nr. 15, in einer Entfernung von mindestens 80 m, gemessen vom südöstlichen Eck des Flurstücks 2564, überwiegend aber mehr als 300 m von den ökologisch bewirtschafteten Flächen der Kläger entfernt, seit 1996 genehmigte Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Zuckerrüben durch. Die Versuche sollen – nach der Zielsetzung der Beklagten – dazu beitragen, den Zuckerrübenanbau, der in der herkömmlichen Landwirtschaft mit einem hohen Einsatz von Herbiziden verbunden ist, umweltverträglicher zu gestalten. Die Versuchsfläche ist etwa 50 m breit und 256 m lang. Sie wird jährlich wechselnd zu etwa 1/4, das sind 0,32 ha, bewirtschaftet.

Der erste Freisetzungsversuch war durch sofort vollziehbaren Bescheid des Robert-Koch-Instituts (RKl) vom 18.3.1996 (Bl. 10 Anl. 1 d.A.) für die Jahre 1996 bis 1999 mit bestimmten Auflagen genehmigt worden. Bei diesem Versuch kamen Zuckerrüben zur Aussaat, denen mit Hilfe der Gentechnik ein synthetisches Phosphinothricin-Acetyl-Transferase-Gen (pat-Gen), das Neomycin-Phosphotransferase-Gen (npt II-Gen) aus Escherichia-Coli und das Glucuronidase-Gen (gus-Gen) eingeschleust worden war mit dem Ziel, die Pflanzen gegen das glufosinathaltige Unkrautvernichtungsmittel „Basta” und gegen das Antibiotikum Kanamycin widerstandsfähig zu machen (vgl. zu den Versuchsbedingungen im einzelnen den Genehmigungsbescheid vom 18.3.1996, Bl. 10 Anl. 1 d.A.). Gegen die Genehmigung hat der Kläger Ziff. 1 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Anfechtungsklage erhoben (AZ.: 8 K 1235/96); eine Entscheidung steht noch aus.

Im Jahr 1999 wurde der Versuch zugunsten eines mit Bescheid des RKl vom 6. Mai 1999 für die Jahre 1999 bis 2003 genehmigten weiteren Freisetzungsversuchs abgebrochen. Der im Sommer 1999 begonnene neue Versuch betrifft die Mulchsaat von Zuckerrüben, denen gentechnisch wiederum ein synthetisches pat-Gen und das npt II-Gen übertragen wurde, um eine Resistenz gegen das ebenfalls glufosinathaltige Herbizid Liberty zu bewirken (zu den Versuchsbedingungen im einzelnen wird auf den Antrag der Beklagten vom 19. November 1998 sowie auf den Genehmigungsbescheid vom 6. Mai 1999, Bl. 408 bis 515 d.A., verwiesen). Der Kläger Ziff. 1 hat auch diese Genehmigung angefochten.

Er befürchtet, daß das gentechnisch veränderte Erbgut über die Grundstücksgrenzen hinaus auf seine Feldflächen übertragen wird und dort die Bodenflora und Bodenfauna, das Edaphon, beeinträchtigt. Als Vertragsverarbeiter des Bioland-Landesverbandes Baden-Württemberg sieht er sich außerdem mit der wegen der Freisetzungsversuche mit Schreiben vom 16.2.1996 (Bl. 108 d.A.) erteilten Auflage konfrontiert, das Risiko einer Übertragung gentechnisch veränderten Erbguts durch geeignete PCR (Polymerase-Kettenreaktions-)Kontrolluntersuchungen auszuschließen. Von den genannten Anbauflächen werden deshalb nach der Behauptung der Kläger 8 ha derzeit nur für den Anbau von Futtergetreide zur eigenen Verwertung statt für Verkaufsgetreide genutzt.

Zivilrechtlich hat der Kläger Ziff. 1 die Beklagte im September 1996 zunächst vor dem Amtsgericht Nürtingen für das Jahr 1997 auf eine versuchsbegleitende Durchführung und Auswertung von Pflanzen- und Bodenproben entspr...

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