Verfahrensgang

LG Ulm (Urteil vom 26.01.2015; Aktenzeichen 4 O 273/13)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Ulm vom 26.1.2015 - 4 O 273/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Revision wird hinsichtlich des Klageantrags zu 3 und der mittels der isolierten Drittwiderklage unter V. 3. Spiegelstrich geltend gemachten Feststellung zugelassen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Diese Entscheidung und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % abzuwenden, wenn nicht der Kläger und/oder die Drittwiderbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % leisten.

 

Gründe

A) Die Parteien streiten wechselseitig über Inhalt, Umfang und Reichweite eines am 19.1.2004 geschlossenen Bonussparvertrags "Vorsorgesparen S-S.".

Danach soll der Kunde zusätzlichen zum jeweils aktuellen Zinsniveau, das derzeit nahe null liegt, ein Aufschlag erhalten, der sich mit fortschreitender Laufzeit von "-"auf 3,5 % steigert.

Das LG hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf deren tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben und die Wider- und Drittwiderklagen abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Auch die Anträge, die auf Feststellung gerichtet sind, seien zulässig, da die Voraussetzungen der Bestimmung des § 256 Abs. 1 ZPO vorlägen. Die Klagen seien begründet. Die Aktivlegitimation des Klägers folge sowohl aus seiner Eigenschaft als Vertragspartner der Beklagten als auch aus der vorgelegten "Abtretungserklärung". Der Sparer sei jederzeit berechtigt, die Sparrate zwischen 25,00 EUR und 2.500,00 EUR zu ändern, das Verlangen vom 22.7.2013 auf Erhöhung der Sparrate von 310 EUR auf 460 EUR sei wirksam. Die Angaben des Flyers seien nach §§ 133, 157 BGB in das Angebot des Klägers und seiner Ehefrau auf Abschluss des Vorsorgesparen-S-S.-Vertrages einbezogen und dieses Angebot von der Beklagten angenommen worden. Die Auslegung ergebe eindeutig ein Änderungsrecht des Sparers, das sich nur nach dessen Wünschen und Bedürfnissen richte und nicht nach den Interessen der Bank. Der Beklagten stehe vor Ablauf des 19.1.2029 kein Recht zur ordentlichen Kündigung zu. Ein vertraglich vereinbartes ordentliches Kündigungsrecht sei unstreitig nicht vereinbart worden. Ein gesetzliches ordentliches Kündigungsrecht bestehe nicht. Bei dem Vorsorgesparen-S-S.-Vertrag handele es sich um einen Ratensparvertrag auf ein Sparbuch. Unerheblich sei, ob die Vorschriften des unregelmäßigen Verwahrungsvertrages oder des Darlehensvertrages zur Anwendung kämen. Die Parteien hätten eine feste Verwahrzeit vereinbart, was eine ordentliche vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses ausschließe. Wegen der Vereinbarung der Laufzeit sei auch das Recht zur ordentlichen Kündigung nach § 488 Abs. 3 BGB vor dem 19.1.2029 ausgeschlossen. Auf die Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die den Anwendungsbereich der Bestimmung eröffnende Voraussetzung, der vollständige Empfang des Darlehens, erst mit Ablauf des 19.1.2029 erfolgt sei. Die von ihrem Wortlaut her anwendbare Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbs. BGB, die gleichfalls die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung einräume, sei teleologisch zu reduzieren. Die Beklagte als Bank sei nicht schutzwürdig, die Bestimmung bei einer hier vorliegenden periodischen reinen Zinsanpassungsklausel nicht anwendbar. Die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit der Veränderung der Sparrate stehe dem nicht entgegen.

Die Wider- und Drittwiderklagen, auch die isolierte Drittwiderklage, seien zulässig aber nicht begründet. Die Beklagte könne nicht wegen eigener fehlerhafter Zinsberechnung die Rückzahlung gutgeschriebener Zinsen verlangen. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehe nicht. Im Rahmen der Verzinsungsbestimmung sei unter dem Begriff "Einzahlungsjahr" das Jahr der Laufzeit zu verstehen. Gleichfalls stehe der Beklagten kein Anspruch auf Vertragsaufhebung zu. Ein Verschulden der Sparer bei Vertragsschluss liege ebenso wenig vor, wie eine Verletzung vertraglicher Pflichten. Ein Anspruch auf Vertragsaufhebung als Folge eines außerordentlichen Kündigungsrechts nach §§ 490 Abs. 2, 314 BGB sei gleichfalls ausgeschlossen. Weiter lägen die Voraussetzungen für eine Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage nicht vor.

Dagegen wendet sich die Beklagte auch unter Erweiterung und Vertiefung des Vorbringens mit ihrer Berufung.

Sie ist u.a. der Auffassung, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Eine alleinige Verfügungsbefugnis nur eines von mehreren Kontoinhabern liege nicht vor; ein wirksamer Abtretungsvertrag sei nicht zustande gekommen. Ein Anspruch auf Erhöhung der Sparrate bestehe n...

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