Entscheidungsstichwort (Thema)

Arrest

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 03.11.2004; Aktenzeichen 12 O 435/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 03.11.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Parteien den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung für erledigt erklärt haben.

2. Der Antragsgegner trägt auch die Kosten des Berufungsrechtszugs.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 38.796,59 EUR

 

Gründe

1.

Die Parteien haben übereinstimmend das Verfahren bezüglich des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung für erledigt erklärt. Insoweit war entsprechend § 91 a ZPO über die Kosten zu entscheiden.

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird im Übrigen verzichtet.

2.

Das Landgericht hat mit Recht den Arrest erlassen und durch Urteil bestätigt, weshalb die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ohne Erfolg ist.

Die angefochtene Entscheidung bejaht mit Recht die Anfechtbarkeit und damit den Anspruch auf Wertersatz nach § 153 InsO i.V.m. §§ 129, 131 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Auflassung durch die nachmalige Schuldnerin vom 22.11.2002 innerhalb eines Monats vor Insolvenzantragstellung war als inkongruente Deckung anfechtbar.

Der Beklagte hatte im Zeitpunkt der Auflassungserklärung (20.11.2002) keinen fälligen Anspruch hierauf. Denn seine Kaufpreisschuld war nicht erloschen. Eine Zahlung des vollen Kaufpreises hat er auch nicht behauptet, sondern das Erlöschen seiner Kaufpreisschuld durch Aufrechnungen mit Gegenforderungen gegen die nachmalige Schuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin) geltend gemacht. Das Landgericht hat (Urteil S. 7) zutreffend ausgeführt, dass die angeblichen Gegenansprüche weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht seien. Hieran hat sich auch im Berufungsrechtszug nichts geändert.

Das Schreiben des Klägers vom 13.05.2003 (Bl. 55 d.A.) stellt keine Erfüllungswahl im Sinne von § 103 InsO dar. Ein bestehendes Anfechtungsrecht hat er daher nicht durch Erfüllungswahl verloren. Zwar hat der Kläger in diesem Schreiben den Beklagten zur Zahlung des Restkaufpreises mit näheren Angaben aufgefordert. Das Schreiben geht auch – worauf der Beklagte insoweit zu Recht hinweist – in seiner Formulierung erheblich über eine bloße Mitteilung eines beim Schuldner angetroffenen Saldenstandes mit der Aufforderung zur Zahlung des offenen Betrages hinaus. Das Landgericht hat aber trotzdem mit Recht das Schreiben nicht als Erfülllungswahl erachtet:

Mit der Erfüllungswahl macht der Insolvenzverwalter von einem nur ihm zustehenden Gestaltungsrecht Gebrauch. Die rechtsgestaltende Wirkung folgt daraus, dass die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag insgesamt zu Masseforderungen und Masseverbindlichkeiten „aufgewertet” werden und dadurch eine andere spezifische Qualität erhalten. Das ausdrückliche Erfüllungsverlangen wird demzufolge durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt, auf die die §§ 130132 BGB Anwendung finden. Mangels Formvorschrift kommt auch ein konkludentes Erfüllungsverlangen in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung beispielsweise anzunehmen, wenn der Insolvenzverwalter die vom Schuldner geschuldete Leistung mit Mitteln der Masse erbringt, ggf. auch durch Dritte, die er zum Beispiel damit beauftragt, das vom Schuldner herzustellende Werk zu vollenden (BGH, NJW-RR 1998, 1338).

Die Aufforderung eines Insolvenzverwalters mit Fristsetzung zur Erbringung der geschuldeten Leistung kann eine Erfüllungswahl darstellen. Hatte der Vertragspartner dagegen bereits Gegenansprüche geltend gemacht oder sich beispielsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, so kann die Forderungsbeitreibung des Verwalters auch durch Klage grundsätzlich nicht als konkludentes Erfüllungsverlangen ausgelegt werden; eine solche Willensrichtung lässt sich einer Zahlungsaufforderung nur dann entnehmen, wenn der Verwalter gleichzeitig die Berechtigung der Einwendungen des anderen Teils einräumt, zum Beispiel, indem er die Zahlung nur Zug um Zug gegen die Gegenleistungen fordert.

Aus der neueren Rechtsprechung des BGH zur Bedeutung der Insolvenzeröffnung für das Bestehen von Erfüllungsansprüchen ergibt sich, dass ein sehr restriktiver Maßstab daran anzulegen ist, ob eine Formulierung des Insolvenzverwalters für den Empfänger sich als Erfüllungswahl darstellt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt kein Erlöschen der Erfüllungsansprüche aus gegenseitigen Verträgen im Sinne einer materiell-rechtlichen Umgestaltung. Vielmehr vertieren die noch offenen Ansprüche im Insolvenzverfahren ihre Durchsetzbarkeit, soweit sie nicht auf die anteilige Gegenleistung für vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistungen gerichtet sind. Wählt der Verwalter Erfüllung, so erhalten die zunächst nicht durchsetzbaren Ansprüche die Rechtsqualität von originären Forderungen der und gegen die Masse (BGHZ 150, 353). Mit einer Aufforderung zur Bezahlung fordert der Insolvenzverwalter also das, was er – wenn auch ohne Durchsetzbarkeit – nach Insolvenzeröffnung fordern kann. Insbes...

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