Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 19 O 680/97)

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der bis 25.01.1999 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden. In der Sache hat sie überwiegend Erfolg.

II.

1. Die von der Klägerin in Rechnung gestellten und in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Telefongespräche beruhen nicht auf technischen Fehlern oder technischen Manipulationen des Telefonanschlusses des Beklagten.

Es ist in der Rechtsprechung umstritten, ob es einen Anscheinsbeweis für die Richtigkeit technischer Aufzeichnungen gibt, die den Telefonrechnungen zugrundeliegen. Die wohl überwiegende Auffassung bejaht einen Beweis des ersten Anscheins für die richtige Erfassung automatisch aufgezeichneter Tarifeinheiten (OLG Köln NJW-RR 1998, 1363; OLG Celle OLG-Report Celle/Braunschweig/ Oldenburg 1997, 35). Diese Rechtsfrage kann hier ungeprüft bleiben. Das Landgericht kommt aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, daß für Manipulationen oder Unregelmäßigkeiten der technischen Einrichtung keine Anhaltspunkte bestehen. Der Senat folgt der vom Landgericht vertretenen Auffassung. Deshalb ist davon auszugehen, daß die in der von der Klägerin vorgelegten Liste der angewählten Verbindungen aufgeführten Nummern vom Telefonapparat des Beklagten aus angewählt wurden.

Ob der Beklagte selbst oder ein (unberechtigter) Dritter diese Gespräche geführt hat, ist unerheblich. Der Beklagte hat nach den insoweit nicht zu beanstandenden "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Telefondienst" der Klägerin (Anl. K 2) auch die Gespräche zu zahlen, die durch befugte oder unbefugte Benutzung seines Anschlusses durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat. Der Beklagte hat den ihm obliegenden Beweis für das Nichtvertretenmüssen nicht geführt.

2. Unbegründet ist die Gebührenforderung der Klägerin allerdings für den Zeitraum von 06.02.1997 bis 27.02.1997. Insoweit fehlt es an einem substantiierten Vortrag der Klägerin. Sie hat für diesen Zeitraum nicht - wie für den übrigen - die Einzelverbindungsnachweise mit den auf das jeweilige Gespräch entfallenden Tarifeinheiten und den darauf entfallenden Beträgen vorgelegt, sondern nur den Ausdruck eines internen Prüfprotokolls. Letzteres enthält keine substantiierte Darstellung der auf die einzelnen Gespräche entfallenden Gebühren. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus diesem Protokoll die jeweils pro Gespräch angefallenen Gebühren zu berechnen.

3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Telefongebühren, soweit es sich bei der angewählten Verbindung um ein sogenanntes Telefonsex-Gespräch handelt. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.06.1998, XI ZR 192/97; NJW 1998, 2895 = MDR 98, 1151) ist ein Telefonsexvertrag sittenwidrig. Dies ergibt sich daraus, daß mit einer solchen Vereinbarung ein bestimmtes Sexualverhalten potentieller Kunden in verwerflicher Weise kommerziell ausgenutzt werden soll. Das sittenwidrige Geschäft ist abzugrenzen von untergeordneten Hilfsgeschäften, die nicht sittenwidrig sind. Der Bundesgerichtshof hat untergeordnete Hilfsgeschäfte zum Beispiel angenommen bei einem Bierlieferungsvertrag für ein Bordell (BGH NJW-RR 1987, 999), beim Mietvertrag mit einer Prostituierten, soweit das Gewähren von Wohnung nach § 180 Abs. 3 StGB nicht strafbar war (BGH NJW 1970, 1179) und bei einer BGB-Gesellschaft über den Betrieb eines Bordells (BGH NJW-RR 1988, 1379). Eine Nichtigkeit hat er jedoch bejaht, wenn es sich nicht nur um ein bloßes untergeordnetes Hilfsgeschäft handelte, das nur einen entfernten Zusammenhang mit dem verbotenen Unrecht aufweist (BGH NJW-RR 1990, 750 zur Finanzierung eines "schwimmenden Bordells"). Bei der Bewertung von Gebühren, die für ein Telefonsex-Gespräch anfallen, ist zu berücksichtigen, daß der Kunde mit dem Anbieter des Gesprächs nicht unmittelbar in Kontakt tritt. Die Kontaktaufnahme geschieht vielmehr dadurch, daß der Kunde die von der Klägerin zur Verfügung gestellte Service-Nummer anwählt. Auch zahlt der Kunde den von ihm in Anspruch genommenen Service nicht unmittelbar an den Anbieter. Die Vergütung entrichtet er dadurch, daß er verhältnismäßig hohe Telefongebühren zu entrichten hat. Die Klägerin teilt sich mit dem Anbieter das Gebührenaufkommen für die Service-Nummer. Bei den 0190-Servicenummern entfällt auf die Klägerin ein Betrag von rund 50 bis 60 Pfennig pro Minute. Den restlichen und weit überwiegenden Teil des Gebührenaufkommens enthält der Anbieter. Die Klägerin stellt also nicht nur für das Zustandekommen des Gesprächs die technischen Möglichkeiten zur Verfügung; sie wird vielmehr aufgrund eines Vertrages mit dem Anbieter als dessen Inkassostelle tätig. Wegen dieser für die Herstellung des Kontakts zum Anbieter sowie die Durchführung und Abrechnung des Gesprächs notwendigen Verknüpfung zwischen dem Beklagten, der...

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