Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen durch einen Insolvenzverwalter unter dem Gesichtspunkt der Absichtsanfechtung. Rechtliche Ausgestaltung eines Wiedereinsetzungsantrages bei Beantragung von Prozesskostenhilfe innerhalb der Berufungsfrist. Grundlagen des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes eines Insolvenzschuldners bei inkongruenten und kongruenten Deckungsgeschäften

 

Normenkette

InsO § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1, § 143 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 01.04.2010; Aktenzeichen 8 O 267/09 Hä)

BGH (Urteil vom 13.08.2009; Aktenzeichen IX ZR 159/06)

BGH (Beschluss vom 23.05.2007; Aktenzeichen 1 StR 88/07)

BGH (Urteil vom 08.12.2005; Aktenzeichen IX ZR 182/01)

BGH (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen IX ZR 123/04)

BGH (Urteil vom 17.07.2003; Aktenzeichen IX ZR 215/02)

 

Tenor

1. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung hinsichtlich der Versäumung der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist gewährt.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 01.04.2010 – 8 O 267/09 Hä.–

abgeändert

und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.635,04 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 02.07.2008 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 10.635,04 EUR.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen des … Oxxx (im Folgenden: Insolvenzschuldner) unter dem Gesichtspunkt der Absichtsanfechtung Rückzahlungsansprüche gegen die Beklagte geltend, nachdem der Insolvenzschuldner aufgrund einer Ratenzahlungsvereinbarung vom 28.01.1998 im Zeitraum zwischen März 1999 und April 2008 Beträge in Höhe von 10.635,04 EUR an die Beklagte geleistet hat.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz sowie wegen der tatsächlichen Feststeilungen des Landgerichts wird auf das Urteil vom 01.04.2010 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Durch dieses Urteil ist die Klage abgewiesen worden. Auf § 133 Abs. 1 InsO könne der Kläger den streitgegenständlichen Zahlungsanspruch nicht stützen. Zwar seien Gläubiger des Insolvenzschuldners durch die an die Beklagte erfolgten Zahlungen benachteiligt worden. Außerdem sei der Insolvenzschuldner 1997 zahlungsunfähig gewesen, da sowohl 1995 als auch 1997 Vollstreckungsversuche fruchtlos geblieben seien. Eine 1995 titulierte Forderung der Firma Nxxx GmbH in Höhe von 3.316,63 EUR gegen den Insolvenzschuldner sei bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbefriedigt geblieben, woraus sich ergebe, dass der Insolvenzschuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt habe. Denn durch die an die Beklagte vorgenommenen Zahlungen sei eine Befriedigung von anderen Gläubigern nicht mehr möglich gewesen. Jedoch könne nicht von einer Kenntnis der Beklagten von der Gläubigerbenachteiligung und dem entsprechenden Vorsatz des Insolvenzschuldners ausgegangen werden. Dass der Insolvenzschuldner gegenüber der Beklagten erklärt habe, er könne seine Verbindlichkeiten nicht tilgen, habe der Kläger nicht bewiesen. Der Beklagten sei lediglich durch die Bescheinigung des Gerichtsvollziehers vom 20.07.1995 bekannt gewesen, dass es mehrere Vollstreckungsversuche gegeben habe. Der Insolvenzschuldner habe ab Juli 2000 ohne Stockung regelmäßige Zahlungen an die Beklagte geleistet, weshalb die Beklagte habe annehmen dürfen, dass die Zahlungsfähigkeit des Insolvenzschuldners wieder hergestellt worden sei. Bei diesen Zahlungen habe es sich aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung um eine kongruente Deckung gehandelt. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass zwischen der letzten Fruchtlosbescheinigung des Gerichtsvollziehers vom 10.04.1997 und den streitgegenständlichen Zahlungen ein Zeitraum von 2 Jahren gelegen habe und der Schuldner seinen Verpflichtungen vereinbarungsgemäß bis April 2008 nachgekommen sei. Da der Insolvenzschuldner nicht zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, sondern auf die Vereinbarung vom 28.01.1998 gezahlt habe, könne den Zahlungen keine Indizwirkung im Hinblick auf eine Kenntnis der Beklagten beigemessen werden. Aus den gleichen Gründen scheide eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO hinsichtlich der letzten Zahlungen vom 11.03.2008 und vom 09.04.2008 aus.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiterverfolgt. Er macht unter Vertiefung und Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere geltend, neben der Firma Nxxx sei eine seit 1997 titulierte Forderung der Axxx AG in Höhe von 1.861,46 EUR bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbefriedigt geblieben. Der Beklagten seien sowohl die Zahlungsunfähigkeit als auch der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners bekannt gewesen. Durch die Fruchtlosigkeitsbescheinigungen de...

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