Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob ein Gebrauchtwagenagenturgeschäft eine Umgehung i.S.d. § 475 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. darstellt.

2. Die Gebrauchtwagenagentur ist nicht generell verboten, vielmehr können praktische wirtschaftliche Bedürfnisse und anerkennenswerte Gründe für diese Vertragsgestaltung bestehen.

3. Ein Gebrauchtwagenkauf, der im Wege des Agenturgeschäfts zustandekommen soll, unterfällt nur dann den Regeln des Verbrauchsgüterkaufs i.S.d. §§ 474 ff. BGB, wenn er sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Kaufvertrag zwischen Händler und Verbraucherkäufer darstellt, weil der Händler im Verhältnis zum ursprünglichen Privatverkäufer das wirtschaftliche Risiko des Gebrauchtwagenverkaufs tragen soll.

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 3 O 387/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.01.2005; Aktenzeichen VIII ZR 175/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Rottweil vom 18.12.2003 (Az.: 3 O 387/03) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 21.599,23 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufvertrags.

1. Der Kläger hat am 28.10.2002 auf dem Gelände des Beklagten, eines Gebrauchtwagenhändlers, ein Fahrzeug Opel Astra Coupe gekauft. Der vom Kläger unterschriebene Kaufvertrag weist als Verkäufer einen Herrn aus. Gleichzeitig wurde für das Fahrzeug ein Garantievertrag mit der Firma abgeschlossen und der Kaufpreis für das Fahrzeug unter Vermittlung des Beklagten i.H.v. 14.000 Euro bei der ...-Bank mit Abschluss einer Restschuldversicherung finanziert. 990 Euro hat der Kläger direkt angezahlt.

Der Kläger hat vorgetragen, das Fahrzeug sei wenige Wochen später liegen geblieben. Er vermutet einen Mangel in der Elektronik.

Nachdem er den Beklagten unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat, hat er dem Beklagten ggü. den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Er hat seine Ansprüche aus der Rückabwicklung darauf gestützt, dass ein Kaufvertrag direkt mit dem Beklagten zu Stande gekommen sei. Die Angabe eines Dritten im Kaufvertrag sei ihm nicht aufgefallen. Er sei auch nicht auf die Vermittlungstätigkeit des Beklagten hingewiesen worden. Der Beklagte habe eine Garantie übernommen. Auch sei der Darlehensbetrag laut Darlehensantrag an den Fahrzeughändler anzuweisen gewesen.

Die Agentur sei ein Umgehungsgeschäft i.S.d. § 475 Abs. 1 BGB. Der Beklagte habe den Kaufvertrag nur deshalb vermittelt, um Gewährleistungsrechte ausschließen zu können.

Der Kläger hat in erster Instanz die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten ggü. der ...-Bank, Zahlung der von ihm bereits verauslagten Vertragskosten und Finanzierungskosten Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs und weiter die Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten beantragt.

Der Beklagte hat sich damit verteidigt, dass die Vermittlung aus dem Kaufvertrag und dem Fahrzeugbrief erkennbar gewesen sei. Er betreibe fast ausschließlich Vermittlungsgeschäfte, was den Kunden auch deutlich werde. Das Vermittlungsgeschäft sei wirksam. Eine Umgehung verbraucherschützender Vorschriften sei nicht erfolgt. Der Kläger habe deshalb nicht aus dem Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Kläger einzustehen. Im Übrigen sei dort auch der Gewährleistungsausschluss vereinbart.

Wegen der weiteren Details des Sachvorbringens in erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

2. Das LG hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen, und abgewiesen. Ein Kaufvertrag sei nicht zwischen den Parteien zu Stande gekommen, vielmehr sei der Beklagte nur Vermittler. Daher habe ggü. dem Beklagten ein Rücktritt nicht erfolgen können. Der Wille des Beklagten, für den Vorbesitzer aufzutreten, sei erkennbar hervorgetreten. Der Kaufvertrag lasse den Dritten als Verkäufer erkennen. Weitere Begleitumstände des Geschäfts sprächen außerdem für ein Geschäft mit einem Dritten bzw. offenbarten die Vermittlungstätigkeit des Beklagten. Das Vermittlungsgeschäft stelle nicht zwangsläufig ein Umgehungsgeschäft i.S.d. § 475 BGB dar. Denn die Agentur könne eine wirtschaftlich vernünftige Alternative zum Händler-Eigengeschäft sein. Auch der Reformgesetzgeber habe sich nicht gegen die Agentur ausgesprochen. Die Transparenz der Vermittlung entscheide darüber, ob eine Umgehung der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf vorliege. Vorliegend sei die erforderliche Transparenz jedoch gegeben gewesen. Der Kläger sei auch nicht benachteiligt, da er statt der Gewährleistung eine Garantie erhalten habe. Ein Missbrauch dieser Fallgestaltung durch den Beklagten sei nicht ersichtlich.

Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss seien nicht begründet. Der Verm...

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