Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 27.05.2008; Aktenzeichen 26 O 29/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.05.2009; Aktenzeichen VI ZR 294/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 27.5.2008 (26 O 29/08) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 487.755,07 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge.

Der Beklagte war Geschäftsführer der A. B. GmbH, die als Arbeitgeberin mit einem Beitragskonto bei der Klägerin geführt wurde. Im Jahre 2002 führte das Hauptzollamt S. ein Ermittlungsverfahren wegen Beitragspflichtverletzungen bei der GmbH durch. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in S. erstellte in diesem Zusammenhang eine Schadensberechnung, die dem Hauptzollamt am 28.6.2002 übersandt wurde. Am 9.5.2003 wurde ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH mangels Masse durch Beschluss des AG Esslingen a. N. abgelehnt. Der Beklagte wurde durch Strafurteil des AG vom 17.6.2004 (1 Ls 181 78408/01) u.a. wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, für den Beschäftigungszeitraum von Januar 1999 bis September 2001 die Höhe der Sozialabgaben ggü. der Klägerin fehlerhaft angegeben und dabei einen Beitragsschaden i.H.v. 487.754,97 EUR verursacht zu haben. Am 2.6.2005 erließ die BfA ggü. der GmbH i. L. einen Beitragsbescheid über 487.755,07 EUR, der am selben Tag auch an die Klägerin zur weiteren Veranlassung übersandt wurde. Die Baugesellschaft wurde am 28.11.2005 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht. Am 30.11.2007 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides gegen den Beklagten, der am 5.12.2007 zugestellt wurde und einen Vollstreckungsbescheid nach sich zog.

Das LG hat den Vollstreckungsbescheid vom 4.1.2008 aufgehoben und die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Es hat für den Beginn der Verjährungsfrist von drei Jahren auf die Kenntnis der anpruchsbegründenden Umstände bei der BfA abgestellt. Diese habe aufgrund der Schadensberechnung spätestens zum 28.2.2002 vorgelegen und sei der Klägerin zuzurechnen.

Mit der Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die BfA habe im Jahre 2002 keine Betriebsprüfung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt. Eine Betriebsprüfung sei erst im Zusammenhang mit dem Beitragsbescheid im Jahre 2005 erfolgt, weshalb hinsichtlich der Kenntnis auf diesen Zeitpunkt abzustellen sei. Außerdem habe die Klägerin, die als zuständige Einzugsstelle verfügungsberechtigt sei, erst aufgrund des Verwaltungsakts ggü. der Beitragschuldnerin gegen den Beklagten tätig werden können. Zuvor habe noch kein Schadensersatzanspruch bestanden. Die BfA habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens keine Kenntnis gehabt, die der Klägerin zugerechnet werden könnte. Auch sei eine Zurechnung nach den gesetzlichen Vorschriften nicht möglich. Die BfA sei eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die weder von der Klägerin beauftragt worden sei noch als gesetzlicher Vertreter oder Wissensvertreter angesehen werden könne.

Die Klägerin beantragt:

Das Urteil des LG Stuttgart vom 27.5.2008 - 26 O 29/08, wird aufgehoben. Der Vollstreckungsbescheid des AG Stuttgart, Geschäfts-Nummer: 07-0254067-0-7, vom 4.1.2008 bleibt aufrecht erhalten.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung seines Vorbringens.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das landgerichtliche Urteil sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das LG angenommen, dass der gegen den Beklagten gemäß den §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB bestehende Schadensersatzanspruch verjährt ist.

1. Die anzuwendende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann mit dem Schluss des Jahres 2002.

a) Für den Verjährungsbeginn ist gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB die Regelung in § 199 Abs. 1 BGB heranzuziehen. Die Vorschriften des BGB in der Fassung ab 1.1.2002 finden auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Nur für die Zeit davor bestimmt sich der Beginn der Verjährung nach der früheren Rechtslage. Es kann aber nicht angenommen werden, dass vor dem Zeitpunkt der Rechtsänderung die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis i.S.v. § 852 Abs. 1 a.F. BGB vorlag. Die Schadensberechnung der BfA vom 28.6.2002 ist insoweit der früheste Zeitpunkt.

b) Der Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten war im Jahre 2002 entstanden i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BG...

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