Leitsatz (amtlich)

1. Die Klage einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei der Gesamtvertretung besteht, ist unzulässig, wenn nicht alle Gesellschafter der Prozessführung zustimmen. Ob die Verweigerungshaltung der die Zustimmung verweigernden Gesellschafter rechtsmissbräuchlich ist, ist - von eng begrenzten Ausnahmefällen abgesehen - nicht inzidenter in dem ohne ausreichende Vertretung angestrengten Verfahren gegen den Gegner (hier: Mieter) der GbR zu prüfen, sondern in einem zunächst anzustrengenden gesonderten Verfahren gegen die "Verweigerer", die auf Zustimmung zur Prozessführung zu verklagen sind.

2. Die Kosten der unzulässigen Klage sind dem Klägervertreter aufzuerlegen, da er ohne ausreichende Prozessvollmacht Klage erhoben hat.

 

Normenkette

BGB §§ 709, 714; ZPO §§ 88-89

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 22.01.2010; Aktenzeichen 24 O 269/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 24. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 22.1.2010 - Geschäftsnummer: 24 O 269/09 - wird mit der Maßgabe, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz trägt, zurückgewiesen.

2. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 246.629,95 EUR

Klageantrag Ziff. 1

Herausgabe und Räumung:

Jahresnettomietzins zzgl. Vorauszahlungen:

6.180 EUR × 12 + 2.013 EUR × 12 = 98.316 EUR

Klageantrag Ziff. 2:

Rückständige Mietzinsen von Oktober 2006 bis Juni 2009: 132.598,85 EUR

Klageantrag Ziff. 3: 15.715,10 EUR

Summe der insgesamt hinterlegten Beträge

 

Gründe

I. Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagte ihr erstinstanzliches Begehren auf Räumung und Mietzinszahlung weiter.

Die Beklagte ist in Rechtsnachfolge Mieterin bzw. Pächterin von 33 Hotelappartements in dem Anwesen R, das von ihr als "Hotel Garni" betrieben wird. An den im Gebäude befindlichen insgesamt 33 Hotelzimmern im 2. bis 4. OG war aufgrund Teilungserklärung vom 7.12.1988 (s. K 1 des Anlagenbandes) jeweils Teileigentum gebildet worden. Die Appartements wurden damals an verschiedene Kapitalanleger, die zum Teil auch mehrere erworben haben, veräußert, die in der Folge im Rahmen eines "Miet-Pools" den Verwalter auch mit der Verwaltung und Vermietung ihres Teileigentums beauftragten, zeitweise daneben auch einen besonderen "Miet-Pool-Verwalter". Der mit dem Rechtsvorgänger W ... der Beklagten ursprünglich geschlossene Mietvertrag führt zu einem Gesamtmietzins von zuletzt 6.180 EUR netto zzgl. Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 2.013 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Nach Abzug aller Unkosten, auch soweit sie auf das jeweilige Teileigentum entfielen, überwies der Verwalter den einzelnen Appartementeigentümern den verbleibenden Anteil am Miet-/Pachtzins (vgl. z.B. Abrechnung K 22, B 1, Bl. 78 d.A.; K 73, Bl. 79 d.A.). Alle ursprünglichen Eigentümer haben zwischenzeitlich ihre Appartements verkauft. Das Ehepaar Ch ... und deren Tochter haben insgesamt 22 Appartements erworben, 11 Appartements gehören zwischenzeitlich der Gesellschafterin der Beklagten, der A GmbH. Wegen des Inhalts der gleichlautenden, einzelnen Kaufverträge mit der Familie Ch, insbesondere zu den im Zusammenhang mit dem Übergang der Pacht-/Mietverträge in § 3 Nr. 2 getroffenen Regelungen, wird exemplarisch auf Anl. K 4 Bezug genommen. Sowohl die Familie Ch als auch die Beklagte sind an dem Betrieb des Hotels interessiert.

Die Parteien stimmen in der rechtlichen Bewertung, wonach der "Miet-Pool" in Form einer Außen-BGB-Gesellschaft organisiert gewesen sei, überein.

In einem Vorprozess hat die Familie CH ... diejenigen früheren Eigentümer, die nicht an sie veräußert haben, auf Zustimmung zur Beendigung aller Miet-/Pachtverhältnisse und gerichtlichen Geltendmachung des Räumungs- und Herausgabeanspruchs hinsichtlich aller Appartements und zum Einzug und zur gerichtlichen Geltendmachung von Miet-/Pachtzinsrückständen und zukünftiger Miete/Pacht bezüglich aller Appartements verklagt. Das LG Stuttgart (Az. 24 O 91/08) hat die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 29.7.2008 (s. Bl. 144 der zu Informationszwecken beigezogenen Akte) im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Mitglieder der Familie CH ... seien nicht Gesellschafter der Vermietungs-GbR geworden, weshalb sie die ehemaligen Eigentümer auch nicht als Gesellschafter auf Zustimmung in Anspruch nehmen könnten.

Nach Vortrag der als "Vermietungs-GbR i. L." auftretenden Klägerin verweigern ihr die 5 der im Rubrum aufgeführten Gesellschafter, die an die Gesellschafterin der Beklagten verkauft haben - es handelt sich hierbei um die Eigentümer K ..., K ... -..., M., Sch ... und R. -, die Zustimmung zur hiesigen Prozessführung. Die übrigen hätten dem ...

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