Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt

 

Verfahrensgang

AG Ravensburg (Urteil vom 27.03.1998; Aktenzeichen 7 F 620/97)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.02.2002; Aktenzeichen XII ZR 104/00)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilanerkenntnis- und Schlußurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Ravensburg vom 27.03.1998 wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen der gesetzlichen Vertreterin Unterhalt wie folgt zu bezahlen (zahlbar jeweils monatlich im Voraus zum 01. des jeweiligen Monats, Rückstände sofort):

  1. für die Zeit vom 01.11.1997 bis 31.03.1998 jeweils 278,67 DM je Kind und Monat,
  2. für die Zeit vom 01.04.1998 bis 30.06.1998 jeweils 378,67 DM je Kind und Monat,
  3. für die Zeit vom 01.07.1998 bis 31.12.1998

    an den Kläger Ziff. 1 … monatlich 352,00 DM,

    an den Kläger Ziff. 2 … und die Klägerin Ziff. 3 … monatlich je 392,00 DM,

  4. für die Zeit ab 01.01.1999

    an den Kläger Ziff. 1 monatlich 352,00 DM und

    an den Kläger Ziff. 2 und die Klägerin Ziff. 3 monatlich je 377,00 DM.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird

zurückgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: 14.768,00 DM

 

Tatbestand

Die Kläger nehmen den Beklagten, ihren Vater, auf Zahlung von Kindesunterhalt ab 01.11.1997 in Anspruch. Das Familiengericht hat ihnen im angefochtenen Teilanerkenntnis- und Endurteil antragsgemäß den (damaligen) Mindestbedarf abzüglich des hälftigen anteiligen Kindergeldes, somit Zahlbeträge von je 378,67 DM je Kind und Monat zuerkannt; in Höhe von 100,00 DM je Kind und Monat beruht die Verurteilung auf dem Anerkenntnis des Beklagten, an dem er im zweiten Rechtszug nicht festhält. Die anerkannten Beträge sind bis einschließlich März 1998 bezahlt worden.

Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte die Klagabweisung. Die Kläger entstammen der geschiedenen Ehe des Beklagten mit ihrer sorgeberechtigten Mutter, bei der sie leben. Sie gehen noch zur Schule und sind unstreitig in vollem Umfang unterhaltsbedürftig.

Der Beklagte ging zu Beginn des Anspruchszeitraums einer vollschichtigen Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung als Elektriker nach, bei welcher er nach eigenen Angaben ein monatliches Nettoeinkommen von 4.059,00 DM, nach Behauptung der Kläger ein solches von rund 4.300,00 DM erzielt hat. Er ist wiederverheiratet und hat aus zweiter Ehe zwei Kinder (… geb. … 1994 und … geboren … 1996). Seine zweite Ehefrau ist nach seinen von den Klägern bestrittenen Angaben nicht erwerbstätig, sondern widmet sich der Betreuung der Kinder und der Führung des Haushalts. Bis einschließlich März 1998 lebte er mit der neuen Familie zusammen.

Seit 02.04.1998 befindet er sich in Untersuchungshaft, die inzwischen in Strafhaft übergegangen ist, aufgrund folgenden Sachverhalts:

Durch Urteil des Landgerichts – große Strafkammer – Ravensburg vom selben Tag, … wurde er wegen zwei Fällen der Vergewaltigung, jeweils begangen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern und mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu der Gesamtstrafe von vier Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht hat sich nach durchgeführter Beweisaufnahme davon überzeugt, daß der Beklagte im Sommer des Jahres 1993 seine damals gerade 11-jährige Tochter, die Klägerin Ziff. 3, zweimal im Abstand von wenigen Wochen gewaltsam zum Geschlechtsverkehr mit ihm gezwungen hatte. Die Kläger erklären diesen Vorwurf im vorliegenden Rechtsstreit für berechtigt, der Beklagte bestreitet die Taten. Er hat gegen seine Verurteilung Revision eingelegt, die durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.11.1998, … verworfen wurde; die strafrechtliche Verurteilung ist somit rechtskräftig.

Die Strafakten des Amtsgerichts Ravensburg sind mit Zustimmung der Parteien im vorliegenden Rechtsstreit zum Zweck der Verwertung im Urkundenbeweis beigezogen worden und waren Gegenstand der Verhandlung.

Seit seiner Inhaftierung verfügt der Beklagte lediglich über monatliche Einkünfte von 120,00 DM (Bl. 86).

Er ist der Auffassung, aufgrund seiner anderweitigen Unterhaltsverpflichtungen sei er schon vor seiner Inhaftierung zur Zahlung des den Klägern zugesprochenen Unterhalts nicht leistungsfähig gewesen. Erst recht gelte dies nach seiner Inhaftierung, die zu Unrecht erfolgt sei. Auch wenn sie zu Recht erfolgt wäre, müsse er seine hierdurch veranlaßte Leistungsunfähigkeit zumindest den Klägern Ziff. 1 und 2 entgegenhalten können, an denen er sich unstreitig nicht vergangen hat.

Er beantragt, sachdienlich gefaßt,

das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Amtsgerichts Ravensburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß die neue gesetzliche Kindergeldanrechnung beachtet wird.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist als solche statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Bedenken gegen die Zulässigkeit bestehen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge