Leitsatz (amtlich)

1. Die mündliche Vereinbarung eines Pauschalhonorars für eine Schönheitsoperation ist unwirksam.

2. Der Arzt muss eine Patientin vor einer Schönheitsoperation nicht darüber aufklären, dass sie selbst die Behandlung bezahlen muss und die gesetzliche Krankenkasse nicht eintritt, wenn ihr dies bekannt ist.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 24 O 251/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.07.2003; Aktenzeichen VII ZR 218/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 30.10.2001 – 24 O 251/99 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert:

Klagantrag 1 11.759,71 Euro (= 23.000 DM)

Klagantrag 2  5.112,92 Euro (= 10.000 DM)

Summe 16.872,63 Euro (= 33.000 DM)

– gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. ohne Tatbestand –

 

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Behandlung oder unzureichender Aufklärung.

a) Die Klägerin wurde nicht fehlerhaft behandelt. Die Operation erfolgte, wie der Sachverständige Prof. Dr. S. in seinem schriftlichen Gutachten für das LG dargelegt hat, nach den Regeln der plastischen Chirurgie (Gutachten S. 11). Auch die Nachversorgung lässt keinen Fehler erkennen. Eine kleinere Nachblutung am Nabel, wie sie für den 30. und 31.7.1998 dokumentiert ist, ist nach solchen Eingriffen nicht selten (Gutachten S. 11) und damit kein Anhaltspunkt für einen Fehler. Bei der nächsten postoperativen Wundkontrolle am 3.8.1998 fanden sich reizlose Wundverhältnisse ohne Nachblutung. Infektionszeichen lagen nach den Krankenunterlagen nicht vor. Unerträgliche Schmerzen am 3.8.1998 finden sich in der Dokumentation nicht. Die Klägerin hat für sie keinen Beweis angetreten. Die Entfernung der Fäden am 7.8.1998 war nicht fehlerhaft (Gutachten S. 12). Die Fäden konnten auch durch eine andere Ärztin oder eine Arzthelferin entfernt werden (Ergänzungsgutachten S. 6). Die Versorgung der kleinen Dehiszenz mit Steristripp entsprach den Regeln der plastischen Chirurgie (Ergänzungsgutachten S. 6). Der festgehaltene Befund für den 7.8.1998 lässt keine Komplikation erkennen (Gutachten S. 12).

Die am 8.8.1998 festgestellte Wunddehiszenz lässt nicht auf eine Infektion am Vortag schließen. Wie der Sachverständige dargelegt hat, ist entspr. dem Befundbericht der Wundrevision vom 14.8.1998 von einer Fettgewebsnekrose auszugehen (Gutachten S. 15). In den Krankenunterlagen des K.-hospitals ist ausdrücklich vermerkt, dass die Leukozytenzahl immer im Normbereich lag, so dass es keine Anhaltspunkte für eine Infektion während der Behandlungszeit des Beklagten gibt. Für das Entstehen einer Infektion wäre der Beklagte auch nicht verantwortlich. Eine Infektionsprophylaxe mit Antibiotika wurde durchgeführt (Gutachten S. 15). Insgesamt liegen keine Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler vor. Die Fettgewebsnekrose ist schicksalhaft entstanden (Gutachten S. 5).

b) Die Klägerin wurde vom Beklagten ausreichend über die Risiken und Erfolgsaussichten aufgeklärt. Insbesondere wurden die eingetretenen Komplikationen benannt.

Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher ist der Patient, dem dieser Eingriff angeraten wird oder den er selbst wünscht, über dessen Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen zu informieren. Das gilt in besonderem Maße für kosmetische Operationen, die nicht, jedenfalls nicht in erster Linie der Heilung eines körperlichen Leidens dienen, sondern eher einem psychischen und ästhetischen Bedürfnis. Der Patient muss in diesen Fällen darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigenfalls erwarten kann, und ihm müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen gestellt werden, damit er genau abwägen kann, ob er einen etwaigen Misserfolg des ihn immerhin belastenden Eingriffs und darüber hinaus sogar bleibende Entstellungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge des Eingriffs in Betracht kommen (BGH v. 6.11.1990 – VI ZR 8/90, MDR 1991, 424 = VersR 1991, 227).

Diesen strengen Anforderungen entspricht die Aufklärung durch den Beklagten. Über die Gefahr von Wundheilungsstörungen und darüber, dass eine Narbenkorrektur wieder zu einer Narbe führen kann, wurde die Klägerin bereits am 9.10.1997 aufgeklärt, wie sich aus den Angaben des Beklagten und seiner Behandlungsdokumentation ergibt. Dabei wurde ihr auch mitgeteilt, dass in diesen Fällen eventuell eine neuerliche Narbenkorrektur erforderlich sein kann. Sogar die Klägerin hat eingeräumt, es sei davon die Rede gewesen, dass es – selten – zu einer Infektion kommen könne (Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LG S. 3, Bl. 40).

Die Klägerin wurde schließlich vor der Operation nochmals aufgeklärt. Sie hat den Perimedbogen mit der Aufklärung zur Bauchdeckenstraffung erhalten. Das Krankenblatt des Beklagten enthält einen...

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