Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Durchsetzung eines Anspruchs gegen die Inhaber eines Teileigentums auf Unterlassung der Nutzung ihrer als Spielsalon vermieteten Räume außerhalb der Ladenschlußzeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verpflichtet ein Unterlassungsgebot die Schuldner zur Einwirkung auf ihren Mieter, so ist ihnen auch die Erhebung einer wenig aussichtsreichen Klage zuzumuten.

2. Bei anhaltenden Verstößen wird der Fortsetzungszusammenhang nicht erst durch die Rechtskraft, sondern schon durch die Zustellung eines Bestrafungsbeschlusses unterbrochen. Dagegen kann aus der Zustellung eines Bestrafungsantrags eine Unterbrechung nicht regelmäßig, sondern nur aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles abgeleitet werden.

3. Bei Bemessung der Ordnungsmittel ist zu berücksichtigen, daß die Gläubiger gemäß § 1004 BGB mit größeren Erfolgsaussichten als die Schuldner unmittelbar gegen deren Mieter vorgehen können.

 

Normenkette

BGB § 1004; WEG §§ 14-15; ZPO § 890

 

Tenor

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Schuldner wird der Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 08.04.1992 teilweise abgeändert und wie folgt gefaßt:

  1. Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen die Entscheidung zur Hauptsache im Beschluß des Amtsgerichts Leonberg vom 03.01.1992 wird

    zurückgewiesen.

  2. Auf die Anschlußbeschwerde der Gläubiger wird der Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben, soweit mit ihm der Bestrafungsantrag der Gläubiger vom 02.09.1991 zurückgewiesen worden ist.
  3. Die weitergehende Anschlußbeschwerde der Gläubiger wird zurückgewiesen.
  4. Die außergerichtlichen Kosten des Bestrafungsverfahrens und des Verfahrens über die Erstbeschwerde werden gegeneinander aufgehoben.

2. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde haben die Gläubiger zu tragen.

Wert

der ersten Instanz

18.000,00 DM

der zurückgewiesenen Erstbeschwerde

der Schuldner

10.000,00 DM

der Gläubiger

8.000,00 DM

18.000,00 DM

der weiteren Beschwerde

6.000,00 DM.

 

Gründe

Mit Beschluß vom 16.04.1987 hat das Amtsgericht auf Antrag der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer – Gläubiger – die Schuldner verpflichtet, die Nutzung ihres Teileigentums durch den Betrieb eines Spielsalons auch durch Dritte außerhalb der allgemeinen Ladenschlußzeiten nach dem Ladenschlußgesetz zu unterlassen. Der Beschluß ist seit März 1989 rechtskräftig.

Nach Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung durch Beschluß vom 22.11.1990 hat das Amtsgericht auf den Antrag der Gläubiger vom 22.03.1991 mit Beschluß vom 24.07.1991 ein Ordnungsgeld von je 2.500,00 DM und ersatzweise je 2 Wochen Ordnungshaft verhängt. Die sofortige Beschwerde der Schuldner hat das Landgericht mit Beschluß vom 17.09.1991 zurückgewiesen.

Die Gläubiger haben am 16.05., 02.09 und 24.10.1991 drei weitere Bestrafungsanträge gestellt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 03.01.1992 die Anträge vom 16.05. und 02.09.1991 zurückgewiesen. Auf den Antrag vom 24.10.1991 hat es die Schuldner wegen neuerlicher Zuwiderhandlung jeweils zu einem Ordnungsgeld von 5.000,00 DM, im Nichtbeitreibungsfalle zu jeweils 4 Wochen Ordnungshaft verurteilt.

Gegen diesen Beschluß haben die Schuldner sofortige Beschwerde, die Gläubiger Anschlußbeschwerde eingelegt. Das Landgericht hat am 08.04.1992 die sofortige Beschwerde der Schuldner zurückgewiesen und auf die Anschlußbeschwerde der Gläubiger die Entscheidung des Amtsgerichts dahin abgeändert, daß die Schuldner jeweils zu einem Gesamtordnungsgeld von 8.000,00 DM, im Nichtbeitreibungsfalle zu jeweils 6 Wochen Ordnungshaft verurteilt werden.

Gegen den Beschluß des Landgerichts haben die Schuldner insoweit sofortige weitere Beschwerde eingelegt, als dieser ihnen über die Entscheidung des Amtsgerichts hinaus Ordnungsgeld und Ersatzhaft auferlegt hat.

Die sofortige weitere Beschwerde der Schuldner ist in diesem Umfang zulässig (§§ 793 Abs. 2, 568 Abs. 2 ZPO i.V. mit § 45 Abs. 3 WEG) und begründet.

Der Senat ist entgegen der von den Gläubigern in Ziff. 2 ihres Schriftsatzes vom 03.06.1992 vertretenen Meinung bei seiner Entscheidung über die vom Landgericht zusätzlich verhängten Ordnungsmittel nicht an die übereinstimmende Begründung der Vordergerichte gebunden. Er hat vielmehr selbständig zu prüfen, ob das Landgericht zu Recht höhere Ordnungsmittel auferlegt hat als das Amtsgericht. Das ist zu verneinen.

Allerdings hat das Landgericht – abweichend vom Amtsgericht – zutreffend angenommen, daß auch der dritte Bestrafungsantrag der Gläubiger vom 02.09.1991 zulässig war, weil es bei „Dauerdelikten”, also fortgesetzten Verstößen gegen ein Unterlassungsgebot, für die Unterbrechnung des Fortsetzungszusammenhangs nicht auf die Rechtskraft eines früheren Bestrafungsbeschlusses, sondern auf dessen Zustellung ankommt (falls nicht – auch – der Gläubiger Beschwerde einlegt), da sich ein Schuldner andernfalls durch die Einlegung von Rechtsmitteln einen Zeitraum verschaffen würde, in dem er ungestraft gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot verstoßen könnte (so auch ...

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