Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflicht: Haftung eines Dritten bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung im Fall eines Kopfsprungs in den unbeleuchteten Nichtschwimmerbereich eines Hallenbades

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 07.11.2008)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für die Einlegung und Durchführung der Berufung gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 7.11.2008 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen eines Badeunfalls, der sich am 6.9.2005 gegen 2.00 Uhr morgens in dem Hallenbad in N. ereignete.

1. Der am 11.9.1981 geborene Kläger befand sich am 5.9.2005 mit Freunden und Bekannten auf dem ... fest und begab sich nach Mitternacht in die Gaststätte "C.", wo er den Beklagten mit dessen Freunden traf. Der am 6.1.1974 geborene Beklagte war technischer Angestellter der Stadt N. und hatte berechtigt einen Schlüssel zum Hallenbad der Stadt in Besitz. Er beabsichtigte, mit zwei Freunden im Hallenbad zu übernachten. Dabei kam ins Gespräch, dass man im Hallenbad baden könnte. Ob der Beklagte sich dagegen aussprach und er nur seinen beiden Freuden den Zutritt ins Hallenbad gewähren wollte, ist streitig.

Gegen 2 Uhr morgens ging eine Gruppe von sieben Personen, dabei der Kläger und der Beklagte, zum städtischen Hallenbad. Der Beklagte öffnete dort die Tür und alle Personen begaben sich in das Hallenbad, in dem der Beklagte die Beleuchtung nicht einschaltete. Der Kläger entkleidete sich in der unbeleuchteten Schwimmhalle und sprang dann mit einem Kopfsprung in das mit Wasser gefüllte Becken. Er prallte dabei mit dem Kopf auf den Beckenboden. An der Stelle, an der er in das Wasser gesprungen war, befand sich der Nichtschwimmerbereich und betrug die Wassertiefe nur 80 cm. Der Kläger erlitt infolge des Unfalls eine Luxationsfraktur des 5. und 6. Halswirbelsäulenkörpers mit einer hohen Querschnittslähmung.

Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet, weil er durch den Einlass in das Hallenbad eine erhebliche Gefahrenquelle eröffnet habe, er die Beleuchtung im Hallenbad nicht eingeschaltet habe und er vor der Gefahr, die bei einem Hineinspringen in das Becken bestanden habe, nicht gewarnt habe; den Beklagten treffe eine Haftung zumindest i.H.v. 50 % des Unfallschadens.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld unter Berücksichtigung seiner Mithaftungsquote zusteht.

Hilfsweise für den Fall, dass die Feststellungsklage für unzulässig gehalten wird, hat der Kläger beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, jedoch nicht unter 185.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagerhebung zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass ihn keine Haftung treffe, weil er keine Verkehrssicherungspflicht dem Kläger gegenüber verletzt habe.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des LG Bezug genommen. Das LG hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Heilbronn - 16 Js 2674/05 - beigezogen; die Staatsanwaltschaft Heilbronn hatte das gegen den Beklagten u.a. wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitete Ermittlungsverfahren eingestellt.

2. Mit dem am 7.11.2008 verkündeten Urteil hat das LG die Klage abgewiesen, und zwar den Feststellungsantrag als unzulässig und den Hilfsantrag als unbegründet. Soweit es den Hilfsantrag als unbegründet abgewiesen hat, hat es ausgeführt, dass der Kläger sich durch sein Verhalten in einem außerordentlichen Maße schuldhaft selbst gefährdet habe und sein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) so schwer wiege, dass eine Haftung des Beklagten vollständig ausgeschlossen sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

3. Das Urteil des LG wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.11.2008 zugestellt. Mit dem am 10.12.2008 eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger, ihm Prozesskostenhilfe für die Berufung gegen das Urteil des LG zu gewähren.

Mit der beabsichtigten Berufung will der Kläger den in erster Instanz geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gemäß dem Hilfsantrag weiter verfolgen. Außerdem will er die Feststellung erreichen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren bereits entstandenen sowie zukünftig noch entstehenden materiellen Schäden aus dem Unfallereignis in der Nacht vom 5. auf den 6.9.2005 im städtischen Hallenbad in Neckarsulm zur Hälfte zu ersetzen.

Der Kläger trägt hierzu vor:

Das LG habe zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch des Klägers mit der Begründung abgelehnt, dass das Mitverschulden des Klägers an der Schadensentstehung weit überwiege, und der Verschuldensanteil des Beklagten dahinter vollständig zurücktrete. Den Kläger treffe zwar ein Mitverschulden. Das LG habe aber ...

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