Leitsatz (amtlich)

Im Falle der übereinstimmenden Erledigugnserkärung in einem selbständigen Beweisverfahren ist eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nicht möglich.

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Beschluss vom 19.06.2006; Aktenzeichen 3 OH 29/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.05.2007; Aktenzeichen IV ZB 26/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Ziff. II. des Beschlusses des LG Ellwangen vom 19.6.2006, mit welchem der Antrag der Parteien auf eine Kostenentscheidung im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 1.200 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragsteller begehren nach übereinstimmender Erledigungserklärung in einem selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung zu Lasten der Antragsgegnerin.

Die Antragsteller haben nach dem Brand eines Nachbargebäudes gegen ihren Gebäudeversicherer mit Antrag vom 5.10.2005 ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, in welchem sie den Umfang von Schäden an ihrem Wohngebäude feststellen lassen wollten. Nachdem das LG am 4.11.2005 einen entsprechenden Beweisbeschluss erlassen hatte - aber noch vor Begutachtung durch den Sachverständigen -, bezahlte die Brandschadensversicherung des Nachbarn den Antragstellern eine Sachdenersatzleistung von 10.020,14 EUR. Die Antragsteller erklärten daraufhin mit Schriftsatz vom 18.4.2006 das selbständige Beweisverfahren in der Hauptsache für erledigt und haben beantragt, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil sich diese mit der Schadensregulierung in Verzug befunden habe.

Die Antragsgegnerin schloss sich der Erledigungserklärung an, wandte sich allerdings gegen die von den Antragstellern begehrte Kostenfolge und beantragte ihrerseits, den Antragstellern die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Das LG hat nach einem vorigen Hinweis die Kostenanträge beider Parteien mit Beschluss vom 19.6.2006 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens sei kein Raum für eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO.

Gegen den ihnen am 23.6.2006 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 7.7.2006 Beschwerde eingelegt; das LG hat nicht abgeholfen und hat die Akten mit Beschluss vom 13.7.2006 dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II.1. Die nach § 567 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig; sie wurde insb. innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO rechtzeitig und formgerecht eingelegt.

2. Die Beschwerde bleibt aber erfolglos, denn das LG hat den Kostenantrag der Antragsteller zurecht zurückgewiesen.

a) Die Beschwerde betrifft die in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutierte Frage, ob im Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung des selbständigen Beweisverfahrens eine Kostenentscheidung entsprechend § 91a ZPO möglich ist.

(1) Ausgangspunkt für die Diskussion ist zunächst, dass mit Ausnahme des Sonderfalles des § 494a Abs. 2 ZPO das Gesetz im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens keine Kostenentscheidung vorsieht. Die Anordnung der Beweiserhebung bedeutet weder eine Entscheidung über ein Recht oder einen Anspruch, noch ergeht die Anordnung zum Nachteil des Antragsgegners. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden vielmehr einen Teil der Kosten eines anhängigen oder künftigen Erkenntnisverfahrens zwischen den Parteien, zu dessen Vorbereitung das selbständige Beweisverfahren stattgefunden hat (BGH v. 12.2.2004 - V ZB 57/03, BGHReport 2004, 854 = MDR 2004, 715 = NJW-RR 2004, 1005).

(2) Dennoch geht die herrschende Meinung, gestützt durch die Rechtsprechung des BGH (BGH v. 14.10.2004 - VII ZB 23/03, BGHReport 2005, 265 = MDR 2005, 227 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung und Literatur) davon aus, dass eine Kostenentscheidung - außer im Fall des § 494a Abs. 2 ZPO - dann möglich sein soll, wenn ein Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig abgelehnt oder vom Antragsteller vor Beweiserhebung zurückgenommen wird. Begründet wird dies mit einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, für die aufgrund des schutzwürdigen Interesses des Antragsgegners an einer sofortigen Entscheidung über die Kosten ein Bedürfnis bestehe, da dieser ein Hauptsacheverfahren in diesen Fällen nicht erzwingen könne.

(3) Umgekehrt lehnt der Bundesgerichthof im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung des Antragstellers - soweit darin keine Rücknahme des Antrags zu sehen ist - die Möglichkeit ausdrücklich ab, dem Antragsgegner ohne die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen (vgl. BGH v. 12.2.2004 - V ZB 57/03, BGHReport 2004, 854 = MDR 2004, 715 = NJW-RR 2004, 1005).

(4) Ob im hier gegebenen Fall einer übereinstimmenden Erledigungserklärung eine Kostenentscheidung entsprechend § 91a ZPO möglich ist, hat der BGH bisher nicht entschieden, sondern die...

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