Leitsatz (amtlich)

1. Werden in einem Prozessvergleich gesamtschuldnerische Innenausgleichsansprüche, die nicht rechtshängig waren, miterledigt, kann dies einen Vergleichsmehrwert begründen, gleich ob die mit erledigten Ansprüche zwischen zwei Prozessparteien bestehen, oder zwischen einer Partei und einem Streithelfer, wobei auf das jeweilige Verhältnis der am Innenausgleich Beteiligten abzustellen ist (Fortführung: Senat, Beschluss vom 15.12.2014, 10 U 158/13 juris).

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bemessung des Wertes der den Mehrwert begründenden, nicht rechtshängigen Ansprüche ist derjenige des Vergleichsabschlusses (Fortführung: Senat, Beschluss vom 28.3.2018, 10 W 8/18).

3. Der Wert des zwischen den Gesamtschuldnern aufzuteilenden Vergleichsbetrages begrenzt den Wert des mit erledigten, nicht rechtshängig gewordenen Gesamtschuldnerinnenausgleichsanspruchs nach oben hin. Der Vergleichsbetrag stellt damit die Obergrenze für den im mitgeregelten Gesamtschuldnerausgleich liegenden Vergleichsmehrwert dar.

 

Normenkette

BGB § 426; GKG § 48; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Beschluss vom 26.02.2018; Aktenzeichen 7 O 6/11 KfH)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten Ziff. 2 wird der Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 26.02.2018 dahingehend abgeändert, dass der Mehrwert des Prozessvergleichs vom 21.02.2018 im Verhältnis zwischen der Beklagten Ziff. 2 und den übrigen Beteiligten auf Beklagtenseite 180.000,00 EUR beträgt.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Beklagte Ziff. 2 wendet sich als Beschwerdeführer gegen die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts.

Die Klägerin betreibt ein Biotechnologieunternehmen, in welchem insbesondere Biopharmaka im Kundenauftrag entwickelt und hergestellt werden. Sie beabsichtigte den Neubau eines Verwaltungs- und Logistikgebäudes an ihrem Hauptsitz und ließ für diesen Zweck einen bereits vorhandenen unterirdischen Medienkanal, durch welchen insbesondere Energie- und Medienleitungen in die Produktionshallen führen, erweitern. Mit der Durchführung der in diesem Zusammenhang anfallenden Tiefbauarbeiten wurde die Beklagte Ziff. 1 beauftragt. Sie setzte zur Ausführung der Baggerarbeiten die Streithelferin als Subunternehmerin ein. Die Planung der Baumaßnahmen oblag dem Beklagten Ziff. 2, der gleichzeitig mit der Bauüberwachung und Bauleitung beauftragt war.

Am 24.06.2009 begann die Streithelferin mit der Ausführung der Baggerarbeiten im Bereich des bestehenden Medienkanals. Hierbei wurde eine Elektroleitung durchtrennt, so dass es zu einem zeitweisen Stromausfall in den Produktionshallen der Klägerin kam. Mit Strom betriebene Fermenter, die im Rahmen der Herstellung der Arzneimittel in Betrieb waren, standen still, so dass der darin in Produktion befindliche Wirkstoff für die weitere Arzneimittelherstellung unbrauchbar wurde und von der Klägerin entsorgt werden musste. Die in diesem Zusammenhang angefallenen Kosten in Höhe von 522.682,76 EUR begehrt die Klägerin von den Beklagten Ziff. 1 und 2 als Gesamtschuldner.

Die Beklagten Ziff. 1 und 2 haben sich gegenseitig den Streit verkündet. Außerdem hat die Beklagte Ziff. 1 ihrer Subunternehmerin, die die schadensverursachenden Grabungsarbeiten durchgeführt hat, den Streit verkündet. Die Subunternehmerin ist daraufhin dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite beigetreten und hat ihrerseits dem Beklagten Ziff. 2 den Streit verkündet. Die jeweiligen Streitverkündungen wurden damit begründet, dass im Falle des Unterliegens Regress- bzw. Gesamtschuldnerausgleichsansprüche gegen den jeweiligen Streitverkündeten in Betracht kämen.

Die Prozessparteien haben sich unter Einbeziehung der Streithelferin, die ihren Beitritt um die Mitwirkung an einem Prozessvergleich erweitert hat, auf einen Vergleich geeinigt, den das Landgericht Ravensburg mit Beschluss vom 21.02.2018 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt hat. Darin verpflichten sich die Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 sowie die Streithelferin, als Gesamtschuldner an die Klägerin 180.000,00 EUR zu bezahlen. Ohne dass dies im Verhältnis zur Klägerin zu berücksichtigen sein soll, tragen hiervon die Streithelferin 130.000,00 EUR, die Beklagte Ziff.1 15.000,00 EUR und die Beklagte Ziff. 2 35.000,00 EUR. Weiter ist in Ziff. 2 des Prozessvergleichs bestimmt:

"Mit dem Vergleich sind sämtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten sowie die Streithelferin aus dem streitgegenständlichen Schadensfall vom -Datum- ausgeglichen und erledigt. Ebenfalls sind sämtliche möglichen Ansprüche zwischen den Beklagten sowie zwischen den Beklagten und der Streithelferin aus und im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Schadensfall vom -Datum- endgültig und vorbehaltslos ausgeglichen und erledigt."

Diesem Vergleich vorausgegangen war ein widerruflich abgeschlossener Prozessvergleich vom 3.4.2017, der eine gesamtschuldnerische Zahlung der Beklagten und der Streithelferin in Höhe von 230.000,00 EUR ohne Aufteilung der Zahlungsanteile im Innenverhäl...

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