Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 24.02.2009; Aktenzeichen 2 T 31/09)

AG Ludwigsburg (Beschluss vom 02.02.2009; Aktenzeichen 4 XVII 57/2009)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des AG Ludwigsburg vom 2.2.2009 (4 XVII 57/2009), mit dem die geschlossene Unterbringung des Betroffenen bis längstens 27.4.2009 vormundschaftsgerichtlich genehmigt wurde, und der diesen Beschluss bestätigende Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 24.2.2009 (2 T 31/09) rechtswidrig ergangen sind.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Dem Betroffenen wird für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ...,...,..., bewilligt.

Der Betroffene hat keine Raten und keine sonstigen Beträge auf die Prozesskosten an die Landeskasse zu zahlen.

Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 3.000 EUR

 

Gründe

I. Durch Beschluss vom 2.2.2009 (Bl. 143-145 d.A.) hat das AG Ludwigsburg die Unterbringung des Betroffenen auf der geschlossenen Station des Klinikums Ludwigsburg oder einer anderen geschlossenen Einrichtung bis längstens 27.4.2009 vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Gleichzeitig wurde im Rahmen der Unterbringung die zwangsweise Beigabe der Medikamente Haldol IV, Seroquel oder Zyprexa und im weiteren Verlauf Risperdal und Fluanxol genehmigt. Der Entscheidung lag ein ärztliches Sachverständigengutachten der Dres ... und ... vom 30.1.2009 zugrunde (Bl. 135-138 d.A. - unzutreffend datiert auf den 20.11.2008). Der Betroffene hat gegen den Beschluss des AG Ludwigsburg vom 2.2.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Diese wurde von der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Stuttgart durch Beschluss vom 24.2.2009 zurückgewiesen. Im Rahmen der persönlichen Anhörung des Betroffenen vor dem AG am 2.2.2009 (Protokoll Bl. 141/142 d.A.) hat sich die behandelnde Ärztin Dr. ... mündlich als Sachverständige geäußert. Im Rahmen der persönlichen Anhörung vor der Einzelrichterin des LG Stuttgart Protokoll Bl. 162/163 d.A.) haben sich die Dres ... und ... als behandelnde Ärzte erneut als Sachverständige geäußert. Sowohl das AG als auch das LG haben ihre Entscheidungen auf § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB und auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt. Auf den Inhalt der genannten Beschlüsse wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Gegen den ihm am dem Betroffenen am 27.2.2009 zugestellten Beschluss des LG Stuttgart vom 24.2.2009 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen durch Anwaltsschriftsatz vom 10.3.2009 (Bl. 200 d.A.) sofortige weitere Beschwerde eingelegt und diese zunächst durch Schriftsatz vom 19.3.2009 (Bl. 205-209 d.A.) begründet. Ausweislich eines Schreibens des Betreuers des Betroffenen vom 25.3.2009 (Bl. 212 d.A.) wurde die Unterbringung am 25.3.2009 im Hinblick auf einen wesentlich gebesserten Zustand des Betroffenen beendet. Daraufhin hat der Verfahrensbevollmächtigte durch Schriftsatz vom 11.4.2009 das mit der sofortigen weitere Beschwerde verfolgte Begehren modifiziert. Er beantragt nunmehr, das Unterbringungsverfahren in der Hauptsache fortzusetzen und festzustellen, dass der Unterbringungsbeschluss des AG Ludwigsburg vom 2.2.2009 und der Beschwerdebeschluss des LG Stuttgart vom 24.2.2009 rechtswidrig waren.

Durch weiteren Schriftsatz vom 1.7.2009 (Bl. 216/217 d.A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen das Rechtsmittel weiter begründet. Auf den gesamten Beschwerdevortrag wird Bezug genommen.

II. Die gem. §§ 70 m Abs. 1, 70g Abs. 3, 27, 29 Abs. 1 und 2, 22 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen hat in der Sache Erfolg.

1. Obwohl durch die Beendigung der Unterbringung das ursprüngliche Rechtsschutzziel des Betroffenen erledigt ist, kann in der vorliegenden Konstellation das Beschwerdeverfahren mit dem Ziel einer Feststellung der Rechtswidrigkeit fortgeführt werden. Angesichts des mit einer Unterbringung verbundenen tiefgreifenden Grundrechtseingriffes muss unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung eröffnet sein (vgl. BVerfGE 104, 220 ff.; Kahl in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, § 19 FGG Rz. 86 ff. m.w.N.). Der Gesetzgeber hat dem nunmehr im Rahmen der neuen Regelung des § 62 FamFG Rechnung getragen. Im Rahmen einer sofortigen weiteren Beschwerde ist der Prüfungsumfang dabei nicht beschränkt auf die Prüfung, ob die Sachentscheidung des LG bezogen auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung verfahrensrechtlich einwandfrei getroffen worden ist und rechtlicher Prüfung standhält (so im Grundsatz noch OLG Hamm BtPrax 2001, 212 f.; Pfälz. OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 137 f.). Eine solche Beschränkung des Prüfungsumfangs hat das BVerfG beanstandet und ausgeführt, sie trage den sich aus seiner Entscheidung vom 5.12.2001 (BVerfGE 104, 220 ff.) sich ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes im Blick auf da...

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