Verfahrensgang

AG Ludwigsburg (Entscheidung vom 17.09.2012; Aktenzeichen 7 F 188/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 17.9.2012

a u f g e h o b e n .

Die Sache wird an das Amtsgericht Ludwigsburg

z u r ü c k v e r w i e s e n

zur erneuten Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers mit der Maßgabe, dass die Verfahrenskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht versagt darf.

 

Gründe

Der Antragsteller begehrt Verfahrenskostenhilfe für ein Unterhaltsabänderungsverfahren, mit welchem er den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner volljährigen, im Haushalt des anderen Elternteils lebenden Tochter erreichen will.

In dem Zeitraum, für welchen der Antragsteller die Abänderung begehrt, besuchte die Tochter zunächst das einjährige Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten und zwischenzeitlich die Fachschule für Sozialpädagogik.

Der Antragsteller ist neben der Antragsgegnerin gegenüber zwei minderjährigen Kindern, einem weiteren volljährigen Kind und seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Die Beteiligten streiten über den unterhaltsrechtlichen Rang der Antragsgegnerin, insbesondere darüber, ob diese nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen unverheirateten Kindern gleich steht, weil sie im Haushalt eines Elternteils lebt und sich in der allgemeinen Schulausbildung befindet.

Das Familiengericht hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die seitens der Antragsgegnerin absolvierte Ausbildung als eine Form der allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 BGB anzusehen sei, mit der Folge, dass die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin den Ansprüchen der Ehefrau des Antragstellers im Range vorgingen.

Die gegen die Versagung der Verfahrenskostenhilfe gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.

Für das Abänderungsverfahren besteht Erfolgsaussicht, weil die Ausbildung der Antragsgegnerin nicht zur allgemeinen Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB zählt.

Der Begriff der allgemeinen Schulausbildung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung unter Heranziehung der zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen. Danach hat eine Eingrenzung des Begriffs in drei Richtungen zu erfolgen: Nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und nach der Organisationsstruktur der Schule. Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule sein, also jedenfalls der Hauptschulabschluss, der Realschulabschluss, die fachgebundene oder die allgemeine Hochschulreife. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Realschule, der Gesamtschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt (BGH FamRZ 2002, 815).

Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl für das Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten, als auch für die Fachschule für Sozialpädagogik bereits an der ersten Voraussetzung, nämlich dem Ziel des Erwerbs eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder dem Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule.

Das einjährige Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten ist nach seinem Ausbildungsziel darauf ausgerichtet, auf eine Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik vorzubereiten. Es vermittelt fachliche Grundlagen für den Beruf einer Erzieherin oder eines Erziehers und fördert die Entwicklung der Handlungskompetenz und der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler. Voraussetzung für die Aufnahme in das Berufskolleg ist die Fachschulreife oder der Realschulabschluss oder das Versetzungszeugnis in die Klasse 11 eines Gymnasiums, sowie der Nachweis eines Vertrags über die praktische Ausbildung bei einem Träger einer Tageseinrichtung für Kinder (Bl. 40 d.A.).

Schon die Formulierung des Ausbildungsziels zeigt, dass die Ausbildung auf den Erzieherberuf ausgerichtet ist. Damit steht eine konkrete Berufsausbildung im Vordergrund. Dass daneben allgemeine Handlungskompetenzen vermittelt werden, steht der Ausrichtung auf den konkret genannten Beruf des Erziehers nicht entgegen. Auch das Erfordernis einer praktischen Ausbildung in einer Tageseinrichtung für Kinder zeigt, dass Ziel des Berufskollegs, bei welchem es sich um ein Berufskolleg im Sinne des § 12 des Baden-Württembergischen Schulgesetzes handeln dürfte, nicht der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses ist.

Auch der sich daran anschließende Besuch der Fachschule für Sozialpädagogik stellt keinen Teil der allgemeinen Schulausbildung dar. Zwec...

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