Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung eines Amtswiderspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verfügung eines Nichtberechtigten, der von dem Berechtigten beerbt wird, bleibt unwirksam, solange dieser seine Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten noch beschränken kann.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verfügung eines Nichtberechtigten, der von dem Berechtigten beerbt wird, bleibt unwirksam, solange dieser seine Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten noch beschränken kann.

2. Dieser Ausgangspunkt des Landgerichts ist nicht richtig. Daß die Verfügung eines nicht berechtigten Erblassers erst wirksam wird, wenn der Berechtigte ihn beerbt und für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet, dient nicht dem Schutz der Nachlaßgläubiger, sondern dem Schutz des Erben.

3. Das Gesetz kann aber nicht dahin verstanden werden, daß die Verfügung des nicht berechtigten Erblassers zunächst, d. h. mit dem Erbfall, wirksam wird und nur für den Fall, daß der Erbe haftungsbeschränkende Maßnahmen trifft, ihre Wirkung wieder verliert

 

Normenkette

BGB § 185 Abs. 2 S. 1, Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Beschluss vom 10.05.1993; Aktenzeichen 1 b T 246/92)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten 2 und 5 wird der Beschluß des Landgerichts Heilbronn vom 10.05.1993 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung an das Landgericht

zurückverwiesen.

 

Gründe

Der Beteiligte 1 ist seit 10.07.1985 als Eigentümer des im Grundbuch von N. gebuchten Grundstücks der Gemarkung K. … eingetragen.

Auf Antrag der Beteiligten 2 und 3 hat das Grundbuchamt mit Beschluß vom 21.04.1992 zugunsten der Beteiligten 2 bis 5 die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen das Eigentum des Beteiligten 1 angeordnet und im Grundbuch vollzogen.

Nach den Feststellungen des Grundbuchamts waren als Rechtsvorgänger des Beteiligten 1 seine Großeltern F. und A. M., Gesamtgut der Gütergemeinschaft, im Grundbuch eingetragen. A. M. ist 1978 gestorben und wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge von ihrem Ehemann und den Beteiligten 2 bis 5, ihren gemeinsamen Kindern, beerbt. Der Ehemann wurde u. a. zum Testamentsvollstrecker berufen, doch trat diese Bestimmung mit seiner 1979 erfolgten Wiederverheiratung außer Kraft. Gleichwohl handelte F. M. bei Kauf und Auflassung vom 20.06.1985, die die Grundlage für die Eintragung des Beteiligten 1 bildeten, in eigenem Namen und als Testamentsvollstrecker seiner ersten Ehefrau. Ein Testamentsvollstreckerzeugnis wurde nicht erteilt, das Grundbuchamt begnügte sich mit dem bei den Nachlaßakten befindlichen Erbvertrag samt Eröffnungsprotokoll als Nachweis. Inzwischen ist auch F. M. verstorben und von den Beteiligten 2 bis 5 beerbt worden.

Aufgrund dieses Sachverhalts hat das Grundbuchamt die Voraussetzungen des § 53 GBO bejaht. Die Verletzung gesetzlicher Vorschriften sieht es darin, daß auf Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichtet wurde. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs erscheint ihm glaubhaft. Eine Genehmigung der Verfügung durch die Kinder hält es für nicht hinreichend dargetan. Ein Wirksamwerden der Verfügung aufgrund des § 185 Abs. 2 S. 1, Fall 3 BGB verneint es mit der Begründung, daß sich für den Eintritt der unbeschränkbaren Erbenhaftung der Kinder nichts ergebe.

Auf die Beschwerde des Beteiligten 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 10.05.1993 den Beschluß des Grundbuchamts aufgehoben und dieses zur Löschung des Amtswiderspruchs angewiesen. Die Entscheidung beruht auf der Annahme, daß die Übereignung an den Beteiligten 1 inzwischen aufgrund des § 185 Abs. 2 S. 1, Fall 3 BGB wirksam geworden sei.

Das Grundbuchamt hat den Amtswiderspruch daraufhin gelöscht.

Gegen den Beschluß des Landgerichts haben die Beteiligten 2 und 3 weitere Beschwerde eingelegt. Diese ist zulässig und begründet (§§ 78, 80 GBO, 550 ff. BGB).

Die Annahme des Landgerichts, daß ein Amtswiderspruch nach § 53 GBO nicht eingetragen werden könne, weil die Verfügung zugunsten des Beteiligten 1 nachträglich wirksam und das Grundbuch damit richtig geworden sei, vermag der Senat nicht zu teilen.

Nach § 185 Abs. 2 S. 1 BGB, 3. Fall, wird die Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, wirksam, wenn der Verfügende von dem Berechtigten beerbt wird und dieser für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Nach nahezu einhelliger Meinung ist diese Voraussetzung aber erst dann gegeben, wenn der Erbe seine Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten nicht mehr beschränken kann, wenn sie also unbeschränkbar ist (vgl. u. a. MünchKomm/Schramm, 3. Aufl., RN 64, Soergel/Leptin, 12. Aufl., RN 32, Staudinger/Dilcher, 12. Aufl., RN 14, je zu § 185 BGB, m.w.H.).

Das Landgericht hat zur Begründung seiner abweichenden Meinung im wesentlichen ausgeführt: die herrschende Meinung führe zu unvertretbaren Ergebnissen, weil sie einen etwa 30-jährigen Schwebezustand zur Folge habe. Der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal der unbeschränkten Erbenhaftung zum Schutze der Nachlaßgläubiger aufgenommen, ihnen solle das Objekt der nicht berechtigten Verfügung zunä...

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