Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 09.06.2016; Aktenzeichen 35 O 71/15 KfH)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 09.06.2016, Az. 35 O 71/15 KfH, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

Das LG hat zu Recht die Klage abgewiesen, soweit die Kläger sich gegen die am 26.06.2015 gefassten Gesellschafterbeschlüsse wenden.

1. Dabei ist das LG zu Recht davon ausgegangen - wogegen in der Berufungsinstanz von Beklagtenseite auch keine Einwände mehr erhoben werden -, dass die Kläger beim Beitritt zur Beklagten als Verbraucher handelten, mit der Folge, dass die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsklausel für sie nicht wirksam vereinbart wurde und die staatlichen Gerichte zur Entscheidung des Falles berufen sind (§ 1031 Abs. 5 ZPO; vgl. OLG Oldenburg, Teilurteil v. 31.05.2001, 1 U 21/01, zit. nach JURIS; Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 1031 Rn. 9).

Was die örtliche Zuständigkeit anbelangt, so ist diese gemäß § 513 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz zu unterstellen.

2. In der Sache ist das LG zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschlussmängelklage keinen Erfolg hat.

a) Zwar sind die Kläger aktivlegitimiert, weil sie - wie das LG zutreffend festgestellt hat - ungeachtet der Treuhandkonstruktion nach dem Gesellschaftsvertrag, der ihnen insbesondere in § 9 Ziff. 6 eigenständige Rechte zuweist, im Innenverhältnis "echten" Kommanditisten gleichgestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2011, II ZR 248/09, JURIS Rz. 17 ff.; OLG München, Urt. v. 26.09.2012, 7 U 2565/11, JURIS Rz. 39 ff.). Die beklagte Gesellschaft ist auch passiv legitimiert, weil, wie das LG zutreffend herausgearbeitet hat, nach dem Gesellschaftsvertrag die konkrete Gesellschaft in ihrer Organisation und Entscheidungsfindungsstruktur weitgehend an das kapitalgesellschaftsrechtliche System angenähert ist und es zudem bei einer Publikums-KG angesichts ihrer Struktur mit einer Vielzahl untereinander unbekannter Gesellschafter in besonderem Maße sachgerecht ist, eine einheitliche Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen gegenüber der Gesellschaft zu ermöglichen (vgl. hierzu auch OLG München, a.a.O., Rz. 43 ff.).

b) In der Sache jedoch erweist sich der Gesellschafterbeschluss weder als anfechtbar noch als nichtig oder unwirksam - der angegriffene Beschluss ist vielmehr formell und inhaltlich ordnungsgemäß zustandegekommen.

aa) Formale Mängel des Gesellschafterbeschlusses können nicht festgestellt werden. Soweit die Kläger rügen, dass das Abstimmungsergebnis im Protokoll der Gesellschafterversammlung nicht zutreffend wiedergegeben sei, sind sie mit diesem Einwand nach § 9 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrags präkludiert, weil der angebliche Fehler nicht fristgerecht geltend gemacht wurde. Auf der Grundlage des im Protokoll festgestellten Abstimmungsergebnisses ist die Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren von der erforderlichen Mehrheit (§ 9 Ziff. 7 des Gesellschaftsvertrags) genehmigt worden. Die für Änderungen des Gesellschaftsvertrags erforderliche qualifizierte Stimmenmehrheit (§ 10 Ziff. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags) wurde erzielt.

bb) Inhaltlich waren die Altkommanditisten aufgrund ihrer Treuepflicht gegenüber der Beklagten verpflichtet, dem Beschluss zuzustimmen, mit der Folge, dass, obwohl die beschlossenen Änderungen, die in ihre mitgliedschaftlichen Rechte eingreifen, ohne ihre Zustimmung nicht wirksam wären, die Verweigerung der Zustimmung durch die Kläger - und weiterer Altkommanditisten - unbeachtlich und der angefochtene Beschluss wirksam ist.

(1) Grundsätzlich gilt, dass Mehrheitsentscheidungen in einer Gesellschafterversammlung - auch die einer qualifizierten Mehrheit - nicht unbeschränkt zulässig sind. Insbesondere sind die mitgliedschaftlichen Rechte der Minderheit zu berücksichtigen (so bereits RGZ 132, 149, 163; eingehend z.B. OLG Stuttgart, NZG 200, 159, 161 f.). Grundsätzlich zustimmungsbedürftig und damit nur einstimmig möglich sind Gesellschafterbeschlüsse, soweit in unentziehbare Rechte - in den Kernbereich der gesellschaftsrechtlichen Position - eines Gesellschafters eingegriffen wird (BGH, NJW 1985, 974; MüKo-BGB/Schäfer, 6. Aufl. 2013, § 707 Rn. 10 (zu Beitragserhöhungen)). Vorliegend besteht kein Zweifel, dass mit den im angegriffenenen Gesellschafterbeschluss vom 26.06.2015 beschlossenen Änderungen des Gesellschaftsvertrags in den Kernbereich der Rechte der Altkommanditisten - seien es wie die Kläger, "Vorzugskommanditisten 2008", seien es "Vorzugskommanditisten 2010", seien es "nor...

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