Leitsatz (amtlich)

Für die Bemessung des Streitwerts eines Klagezulassungsverfahrens gem. § 148 AktG ist - innerhalb der von § 53 Abs. 1 Nr. 5, Halbs. 2 GKG vorgegebenen Obergrenzen - grundsätzlich der volle Wert der beabsichtigten Ersatzanspruchsklage maßgeblich.

 

Normenkette

AktG § 148; GKG § 53 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 15.10.2021; Aktenzeichen 31 O 73/20 KfH)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen - Commercial Court - des Landgerichts Stuttgart vom 15.10.2021 (31 O 73/20 KfH) wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat als Aktionär der ... AG (im Folgenden: Streithelferin) die Zulassung gem. § 148 AktG zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Antragsgegner zu 1 (einem Aufsichtsratsmitglied der Streithelferin) und dem Antragsgegner zu 2 (dem Vorstand der Streithelferin) im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Durchführung von Beratungsverträgen begehrt.

In seiner ursprünglich gegen die jetzige Streithelferin als Antragsgegnerin gerichteten Antragsschrift vom 28.10.2020 (S. 2; GA 2) hatte der Antragsteller zunächst beantragt, zuzulassen, dass er folgende Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen geltend mache: Zahlungsansprüche gegen den jetzigen Antragsgegner zu 1 i.H. von bis zu 488.000,00 EUR, zumindest aber 180.000,00 EUR, sowie gegen den jetzigen Antragsgegner zu 2 in noch festzustellender Höhe. Nachdem das Landgericht mit Beschluss vom 25.11.2020 (GA 12 ff.) den Streitwert vorläufig auf 480.000,00 EUR festgesetzt hatte, hatte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.12.2020 (GA 17 f.) seine Antragstellung dahingehend "präzisiert", dass Antragsgegner nunmehr H.-Jo. H. und H.-Jü. D. sowie "Beigeladene" die Streithelferin seien. Zuletzt hatte der Antragsteller mit weiterem Schriftsatz vom 10.05.2021 (S. 1 f.; GA 113 f.) beantragt zuzulassen, dass er Zahlungsansprüche der Streithelferin gegen die Antragsgegner zu 1 und zu 2 als Gesamtschuldner i.H. von 452.059,00 EUR zuzüglich Zinsen geltend mache, hilfsweise festzustellen, dass die an den Antragsgegner zu 1 geleisteten Zahlungen i.H. von 452.059,00 EUR für erbrachte Beratungsleistungen rückforderbar seien sowie dass der Antragsgegner zu 1 diese an ihn geleisteten Zahlungen i.H. von 452.059,00 EUR zurückzuerstatten habe.

Hinsichtlich des Streitwerts hatte der Antragsteller sodann mit weiterem Schriftsatz vom 20.08.2021 (S. 7 f.; GA 173 f.) maßgeblich darauf abgestellt, dass er mit rund 10 % an der Streithelferin beteiligt sei, weswegen der Streitwert auf 10 % der zuletzt "maximal einzuklagenden beantragten" Summe von 452.059,00 EUR, mithin auf 45.205,90 EUR, festzusetzen sei, hilfsweise - bei Zugrundelegung der Auffassung von Jäckel (in: BeckOK Kostenrecht, Stand: 01.07.2022, § 53 GKG Rn. 18) - höchstens auf die Hälfte jener Summe, d.h. auf 222.029,50 EUR.

Das Landgericht hat die (Klagezulassungs-) Anträge des Antragstellers mit - diesem am 07.12.2021 zugestellten - Beschluss vom 15.10.2021 (31 O 73/20 KfH; GA 179 ff.) als unzulässig zurückgewiesen und den Streitwert des Verfahrens auf 488.000,00 EUR festgesetzt.

Zur Begründung seiner Streitwertfestsetzung hat das Landgericht in diesem Beschluss im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Wie sich aus der Verweisung in § 53 Abs. 1 Nr. 5 GKG auf § 3 ZPO ergebe, richte sich die Streitwertfestsetzung im Klagezulassungsverfahren im Ausgangspunkt nach dem mit dem Antrag verfolgten wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers, welches sich an dem angekündigten Streitwert der beabsichtigten Klage - hier: 488.000,00 EUR - orientiere. Soweit die beabsichtigte Klage in ihrer ursprünglichen Fassung bezüglich der Inanspruchnahme des Vorstands unbeziffert gewesen sei, ergäben sich aus der Antragsbegründung keine Anhaltspunkte dafür, dass gegenüber dem Vorstand Beträge über 488.000,00 EUR hinaus im Raum stehen könnten. Die spätere Reduzierung des Betrages der Hauptforderung auf 452.059,00 EUR habe wegen § 40 GKG nicht zu einer Ermäßigung des Streitwerts geführt. Ein Abschlag von dem Betrag i.H. von 480.000,00 EUR sei auch nicht im Hinblick auf den "Vorschaltcharakter" des Klagezulassungsverfahrens geboten. Denn der "summarische Charakter" des Klagezulassungsverfahrens beziehe sich lediglich maßgeblich darauf, dass ein auf Tatsachen gestützter Verdacht ausreiche und noch keine Gewissheit über das Bestehen der Ansprüche gefordert werde. Vielmehr habe der Gesetzgeber eine bewusste Entscheidung gegen weitere Erleichterungen für die Minderheitsaktionäre getroffen, um "Fehlanreize" zu vermeiden, welche darin lägen, dass die Erfolgsaussichten einer Klage für den jeweiligen Antragsteller ohne Kostenrisiken "ausgetestet" werden könnten (BT-Drucks. 15/5092, S. 23). Anders als bei anderen dem aktienrechtlichen Minderheitenschutz dienenden Verfahren (vgl. etwa § 15 SpruchG) gebe es beim Klagezula...

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