Leitsatz (amtlich)

1. Zulässigkeit eines Antrags auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge.

2. Unwirksamkeit der Sorgeerklärung eines Mannes, dessen Anerkennung der Vaterschaft nach § 1599 Abs. 2 BGB unwirksam ist.

 

Verfahrensgang

AG Tettnang (Beschluss vom 08.08.2007; Aktenzeichen 7 F 381/07)

 

Tenor

Der Beschluss des AG - FamG - Tettnang vom 8.8.2007 wird dahingehend abgeändert, dass sich die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Antragstellerin auch auf den Hauptantrag vom 4.6.2007 erstreckt.

 

Gründe

Die Antragstellerin war seit dem 15.4.1993 mit Herrn X. verheiratet; die Ehe wurde aufgrund des am 3.11.2005 eingegangenen Scheidungsantrags durch Urteil des AG - FamG - Tettnang vom 15.2.2006, das seit 25.3.2006 rechtskräftig ist, geschieden (Az: 9 F 594/05). Am 17.8.2005, also noch vor Anhängigkeit des Scheidungsantrags, brachte die Antragstellerin das Kind X. zur Welt. Am 1.9.2005 erklärte der damalige Ehemann der Antragstellerin, Herr X., die Zustimmung zur Anerkennung der Vaterschaft, die der Antragsgegner, Herr X., am 2.9.2005 ggü. dem Kreisjugendamt X. abgab; auch die Antragstellerin stimmte dem Vaterschaftsanerkenntnis zu. Ebenfalls am 2.9.2005 gaben die Antragstellerin und der Antragsgegner ggü. dem Kreisjugendamt X. Sorgeerklärungen gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB ab.

Aufgrund übereinstimmender Anträge der Antragstellerin und ihres geschiedenen Ehemanns hat - das AG - FamG - Tettnang durch Urteil vom 12.10.2006, rechtskräftig seit 21.11.2006, festgestellt, dass Herr X. nicht Vater des Kindes X. ist (AZ: 7 F 116/06).

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin in erster Linie die Feststellung, dass sie für das Kind X. allein sorgeberechtigt ist. Hilfsweise beantragt sie die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich allein. Durch Beschluss vom 8.8.2007 hat das AG - FamG - Tettnang der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für den Hilfsantrag bewilligt, das Prozesskostenhilfegesuch für den Hauptantrag jedoch abgelehnt. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Antragstellerin.

Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 14 FGG statthafte, fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Dem Hauptantrag festzustellen, dass der Antragstellerin die elterliche Sorge für das Kind X. allein zusteht, kann die Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.

Der Feststellungsantrag ist zulässig.

a) Eine allgemeine gesetzliche Regelung der Zulässigkeit von Feststellungsanträgen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit existiert nicht. Für privatrechtliche Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist anerkannt, dass Feststellungsanträge unter den Voraussetzungen des § 256 ZPO zulässig sind (vgl. Habscheid, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 7. Aufl. § 7 III 1; Jansen/Baronin v. König/v. Schuckmann, FGG, 3. Aufl. vor §§ 8-18 Rz. 17). Darüber hinaus ist auch im Bereich der elterlichen Sorge weitgehend anerkannt, dass ein Antrag auf Feststellung des Bestehens der gemeinsamen elterlichen Sorge, jedenfalls aber ein diesbezüglicher gerichtlicher Ausspruch, unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist (OLG Stuttgart FamRZ 1999, 804; OLG Hamm FamRZ 1999, 803; OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 506; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl.,§ 1671 Rz. 7; MünchKomm/Finger, BGB, 4. Aufl., § 1671 Rz. 14; Bamberger/Roth/Veit, BGB, § 1671 Rz. 17; Staudinger/Coester, BGB, Bearb. 2004, § 1671 Rz. 51, 107; zurückhaltend Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl. § 12 Rz. 13). Grundsätzliche Bedenken gegen ein Feststellungsverfahren als solches im Bereich der elterlichen Sorge sind dabei nicht zu Tage getreten. Insbesondere wird, soweit ersichtlich, die Frage, ob eine feststellende Entscheidung des Gerichts in sorgerechtlichen Verfahren in materielle Rechtskraft er-wächst, in diesem Zusammenhang nicht als entscheidend angesehen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Verfahren, die die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge eines Beteiligten für den anderen zum Gegenstand haben (vgl. bislang § 640 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) zu Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden sollen (vgl. Begründung zu § 151 Nr. 1 FamFG-E; Heiter, FPR 2006, 417).

b) Der Senat hält über die Konstellation der Feststellung des Bestehens der gemeinsamen elterlichen Sorge hinaus Feststellungsanträge, die das Bestehen oder Nichtbestehen der elterlichen Sorge eines Beteiligten für ein Kind betreffen, für zulässig, soweit ein besonderes Feststellungsinteresse gegeben ist.

Zunächst ist festzuhalten, dass dabei nicht auf § 640 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zurückgegriffen werden kann, da das dort genannte ZPO-Verfahren für Streitigkeiten zwischen den tat-sächlichen oder vermeintlichen Sorgerechtsinhabern nicht zur Verfügung steht (vgl. nur Musielak/Borth, ZPO, 5. Aufl.,§ 640 Rz. 8). Es besteht jedoch ein praktisches Bedürfnis dafü...

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