Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg für Feststellung eines Sondernutzungsrechts. gutgläubiger Erwerb trotz Mitwirkung bei der Bestellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Streit über aas Bestehen eines Sondernutzungsrechts ist nicht im Verfahren nach § 43 WEG, sondern im Zivilprozeß auszutragen.

2. Der gutgläubige Erwerb des mit einem Wohnungseigentum verbundenen Sondernutzungsrechts wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Erwerber der Begründung dieses Nutzungsrechts als Vormerkungsberechtigter zugestimmt hat.

 

Normenkette

WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 892

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 14.09.1984; Aktenzeichen 2 T 378/84)

AG Stuttgart (Beschluss vom 22.03.1984; Aktenzeichen 30 GR 3648/83)

 

Tenor

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 14.9.1984 aufgehoben.

2. In Abänderung der Ziffer 1 des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 22.3.1984 wird das Feststellungsbegehren der Antragsteller als unzulässig verworfen.

3. Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

In den Wohnungsgrundbüchern – … – ist aufgrund … einer 13.11.1979 beurkundeten Änderung der Teilungserklärung für den Jeweiligen Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 3 ein den gesamten Garten und Hofraum umfassendes Sondernutzungsrecht eingetragen.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beantragt,

  1. festzustellen, daß die Abänderung der Teilungserklärung vom … unwirksam ist, soweit sie dieses Sondernutzungsrecht dem jeweiligen Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 3 zuweist,
  2. den Antragsgegner (als jetzigen Eigentümer dieses Wohnungseigentumsrechts) zu verpflichten, ihnen die Benutzung an dem gesamten Hof – und Gartenraum zu gestatten.

Mit Beschluß vom 22.3.1984 hat das Amtsgericht die beantragte Feststellung ausgesprochen und den Antragsgegner zur Gestattung der Mitbenutzung verpflichtet.

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wurde vom Landgericht mit Beschluß vom 14.9.1984 zurückgewiesen. Die Zurückweisung erfolgte zu Ziffer 1 des amtsrichterlichen Beschlusses mit der Maßgabe, daß die Unrichtigkeit der Wohnungsgrundbücher insoweit festgestellt wurde, als in ihnen das eingangs genannte Sondernutzungsrecht eingetragen ist.

Gegen diesen Beschluß hat der Antragsgegner sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Diese ist zulässig und begründet (§§ 43, 45 WEG, §§ 27, 29 FGG, §§ 550, 563 ff ZPO).

1.

Das Feststellungsbegehren der Antragsteller ist im vorliegenden Verfahren unzulässig.

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, daß die Antragsteller über ihren förmlichen Antrag hinaus die Feststellung erstreben, daß das für den Antragsgegner im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht an Hofraum und Garten nicht besteht (was nicht allein von der Unwirksamkeit der Abänderung der Teilungserklärung abhängt). Es ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die engere Formulierung des Antrags im Verfahren nach § 43 WER keine bindende Wirkung hat (vgl. u.a. BayObLRZ 1974, 172 und OLG Hamm, OLGZ 1975, 428 = Rpfleger 1975, 401).

Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß diese Feststellung nicht in dem durch § 43 WER eröffneten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit getroffen werden kann.

Nach allgemeiner Meinung ist im Zivilprozeßweg zu entscheiden über Streitigkeiten, die den Gegenstand, den Inhalt oder Umfang des Sondereigentums betreffen (vgl. u.a. BayObLGZ 1970, 264, LG Düsseldorf, Rpfleger 1972, 450, OLG Karlsruhe, OLGZ 1976, 11), sie können im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur als Vortragen geprüft werden. Allerdings geht andererseits zumindest die überwiegende Auffassung dahin, daß über Wirksamkeit und Auslegung von Vereinbarungen der Wohnungseigentümer im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu entscheiden ist, und zwar – ohne daß dies besonders begründet würde – auch in Fällen, in denen die fraglichen Vereinbarungen nach § 5 Abs. 4 WEG durch Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums gemacht worden sind (so u.a. BayObLG 1965, 283 = Rpfleger 1965, 334 mit Anmerkung Diester, OLG Hamm, OLGZ 1975, 428, Staudinger, 11. Aufl., RN 2, RGRK, 12.Aufl., RN 18, 19, Weitnauer. 6. Aufl., RN 4 b, zweifelnd Bärmann/Pick/Merle, 5. Aufl., RN 6, je zu § 43 WEG).

Der vorliegende Fall ist dem Zivilprozeß zuzuordnen. Denn er steht den Streitigkeiten über die Abgrenzung der Eigentumsverhältnisse zwischen den Wohnungseigentümern näher als denen über Wirksamkeit und Auslegung sonstiger Vereinbarungen. Die Einräumung des Sondernutzungsrechts ändert zwar an den Eigentumsverhältnissen nichts. Es ist aber „nach §§ 15 Abs. 3, 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG durch die Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums geworden und hat damit – ohne ein selbständiges dingliches Recht zu sein – dingliche Wirkung erlangt” (BGHZ 73, 145). Faktisch hat der Begünstigte die Befugnisse eines Alleineigentümers. Seine Rechtsposition ist so verfestigt und verselbständigt, daß er das Sondernutzungsrecht auf einen anderen Wohnungseigentümer übertragen kann, ohne daß ...

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