Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung bei verzögerter Vorschusszahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das die Verjährung i.S.d. § 167 ZPO hemmende Merkmal "demnächst" ist nur erfüllt, wenn sich die Verzögerung in einem hinnehmbaren Rahmen hält. Für den nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschuss ist das nur gewahrt, wenn dieser nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitraumes eingezahlt wird, der sich um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt.

2. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Richtlinie 2000/35/EG trägt der Schuldner bei Geldschulden grds. die Verzögerungsgefahr. Er muss bei Banküberweisungen die Leistungshandlung so rechtzeitig vornehmen, dass der Geldbetrag bei üblicher Abwicklung dem Gläubigerkonto innerhalb der Zahlungsfrist gutgeschrieben werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Stralsund (Urteil vom 24.07.2009; Aktenzeichen 4 O 435/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Stralsund vom 24.7.2009 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.656,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.281,29 EUR seit dem 13.10.2007 und aus 374,90 EUR seit dem 13.11.2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 37 % und der Beklagte zu 63 %.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Gebührenstreitwert für die erste Instanz beträgt bis zu 16.000 EUR und für die zweite Instanz 2.552 EUR.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1, S. 1 ZPO).

II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Anspruch auf Zahlung ausstehender Mieten ist mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt. Die am 27.12.2007 eingegangene Zahlungsklage hat die Verjährungsfrist nicht gehemmt, weil sie erst im Februar 2008 dem Beklagten zugestellt worden ist und weil diese Zustellung nicht mehr als demnächst gem. § 167 ZPO angesehen werden kann.

Geht es um von der klagenden Partei zu vertretende Zustellungsverzögerungen, ist das Merkmal "demnächst" erfüllt, wenn sich die Verzögerung in einem hinnehmbaren Rahmen hält. Mit Blick auf den nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschuss ist das nur zu bejahen, wenn dieser nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitraumes eingezahlt wird, der sich "um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt" (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Urt. v. 16.1.2009 - V ZR 74/08, NJW 2009, 999, 1000 m.w.N.). Vorliegend ist die Verfügung des Gerichts, den Vorschuss zu zahlen, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 10.1.2008 zugegangen. Die Gerichtskasse hat die Einzahlung des verfügten Vorschusses erst am 29.1.2008 verbuchen können. Ein Zeitraum von 19 Tagen fällt aus dem von der Rechtsprechung hingenommenen Rahmen heraus. Unabhängig von der Frage, ob und ggf. in welchem Grad überhaupt im Rahmen von § 167 ZPO ein Verschulden relevant sein kann, muss sich die Klägerin den verspäteten Zahlungseingang vorhalten lassen. Die anwaltlich beratene Klägerin hat wissen bzw. sie hat sich das entsprechende Wissen ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen müssen, dass die Rechtsprechung einen Zahlungszeitraum von ungefähr 2 Wochen nach Zugang einer Vorschussanforderung dem Kläger zubilligt, um den Vorschuss einzuzahlen. Ein entschuldbarer Grund, weshalb die Klägerin erst am 24.1.2008 (einem Donnerstag) oder am 25.1.2008 (einem Freitag) - also mit Ablauf der von der Rechtsprechung einem Kläger zugebilligten Frist - die erforderliche Überweisung durch die Eingabe in ihr Überweisungsdatensystem veranlasst hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat wissen müssen, dass wegen des Wochenendes am 26./27.1.2008 die Zahlung von der angewiesenen Bank erst zu Beginn der darauffolgenden Woche durchgeführt wird und damit deutlich später erfolgt als von der Rechtsprechung noch akzeptiert. Die zeitintensiven Abläufe und Abstimmungsprozesse innerhalb des Unternehmens der Klägerin sind in den Augen des Senats unerheblich. Zum einen hätte die Klägerin diese einkalkulieren müssen, da sie keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten geltend macht. Zum anderen dürfen solche individuellen und in der alleinigen Verantwortung eines Gläubigers liegenden Umstände nicht dazu führen, die Rechtssicherheit für den Schuldner hinauszuschieben.

Letztlich entspricht diese Betrachtungsweise auch der Rechtslage, wie sie im Zusammenhang mit der Prüfung eines Verzugs bei richtlinienkonformer Auslegung der §§ 269, 270 BGB anzunehmen ist. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Richtlinie 2000/35/EG, der sog. Zahlungsverzugsrichtlinie, trägt der Schuldner bei Geldschulden grds. die Verzögerungsgefahr; er muss bei Banküberweisungen die Leistungshandlung so rechtzeitig vornehmen, dass der Geldbetrag bei üblicher Abwicklung dem Gläubigerkonto innerhalb der Zahlungsfrist gutgeschrieben werden kann (EuGH, Urt. v. 3.4.2008 - Rs. C-306/06, NJW 2008, 1935). Diese Maßg...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge