Leitsatz (amtlich)

1. Dem Kläger ist die Aufnahme des Rechtsstreits nicht gem. § 86 InsO gestattet, wenn ein Dritter und nicht der beklagte Schuldner Sicherheit - hier Bankbürgschaft - geleistet hat.

2. Das Rechtsschutzinteresse an der Fortsetzung des Rechtsstreits fehlt, wenn der Kläger über die Anmeldung seiner Forderung zur Tabelle nach §§ 179 ff. InsO auf einem einfacheren Weg einen Titel erlangen kann.

3. Mit der Übernahme einer Prozessbürgschaft erkennt der Bürge den Ausgang des Rechtsstreits als für sich verbindlich an und verzichtet auf alle Einreden und Einwendungen, mit denen der beklagte Schuldner durch einen rechtskräftigen Titel in dem Rechtsstreit oder durch einen Prozessvergleich ausgeschlossen wäre. Nichts anderes gilt, wenn der beklagte Schuldner mangels Bestreitens der zur Tabelle angemeldeten Forderung und der dadurch herbeigeführten Beendigung des Rechtsstreits mit seinen Einreden und Einwendungen gegen die Forderung ausgeschlossen ist.

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Urteil vom 08.12.2006; Aktenzeichen 9 O 114/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Rostock vom 8.12.2006 - Az.: 9 O 114/01 - dahingehend abgeändert, dass Ziff. 2 des Urteils (Kostenentscheidung) ersatzlos entfällt.

2. Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Gegenstandswert der Berufung beträgt 30.000 EUR.

 

Gründe

I. Mit ihrer Klage vom 8.3.2001 hat die Klägerin die spätere Insolvenzschuldnerin TMW H. GmbH auf Zahlung von Kostenvorschuss sowie Erstattung von Kosten zur Mangelbeseitigung in Anspruch genommen. Am 2.8.2001 erging ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren; die Beklagte wurde antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 57.660 DM nebst Zinsen zu zahlen und es wurde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über diesen Betrag hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die durch den Austausch des optisch verfärbten Teppichbodens im Bereich des direkten Lichteinfalls in den Gebäuden Ä. Nr. ... sowie S. W. gegen neuen Teppichboden entstehen. Die beklagte Schuldnerin legte am 21.8.2001 Einspruch ein. Mit Beschluss vom 17.9.2001 stellte das LG die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 59.000 DM vorläufig ein. Die beklagte Schuldnerin erbrachte Sicherheit durch eine unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft der Dresdner Bank vom 27.9.2001.

Mit Beschluss vom 25.3.2002, Az: 60 IN 62/02, eröffnete das AG Rostock das Insolvenzverfahren über das Vermögen der TMW H. GmbH und bestellte Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter.

Mit Schriftsatz vom 20.4.2006 beantragte die Klägerin, das Verfahren aufzunehmen und das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass ihre Forderung i.H.v. 29.481,09 EUR nebst Zinsen zur Tabelle festgestellt werde. Der Beklagte erklärte, das Verfahren nicht aufzunehmen.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Klägerin.

Mit Urteil vom 28.12.2006 wies das LG Rostock den Wiederaufnahmeantrag der Klägerin als unzulässig zurück.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist der Ansicht, dass ihr Aufnahmeantrag zulässig sei, weil sie Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft erwirkt habe.

Die Klägerin beantragt, das am 8.12.2006 verkündete Urteil des LG Rostock abzuändern und das Verfahren aufzunehmen sowie das Versäumnisurteil vom 2.8.2001 aufrechtzuerhalten, hilfweise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Rostock zurückzuverweisen.

Der Beklagte, der Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II. Die Berufung der Klägerin hat nur hinsichtlich der Kostenentscheidung Erfolg.

1. Die Berufung ist statthaft.

Die angefochtene Entscheidung ist ihrer Natur nach ein Zwischenurteil i.S.v. § 303 ZPO. Im Betreff der Rechtsmittel ist sie allerdings als Endurteil anzusehen (§ 280 Abs. 2 ZPO), da aufgrund der vom Gericht angenommene Unterbrechung kein Endurteil ergeht, mit Hilfe dessen Anfechtung die rechtschutzbegehrende Partei die Entscheidung über die Unterbrechung überprüfen lassen könnte.

Das LG hat den Wiederaufnahmeantrag der Klägerin als unzulässig zurückgewiesen. Damit bliebe das Verfahren wegen der Insolvenz der ursprünglichen Beklagten unterbrochen. Zwischenurteile im Zusammenhang mit insolvenzbedingter Verfahrensunterbrechung sind selbständig anfechtbar, und zwar gleichgültig, ob die Zulässigkeit der Verfahrensfortsetzung bejaht (BGH, Beschl. v. 9.3.2006 - IX ZB 161/05, NJW-RR 2006, 913 = MDR 2006, 1007) oder - wie hier - verneint wird (BGH, Beschl. v. 8.6.2004 - IX ZR 281/03, NJW 2004, 2983 = MDR 2004, 1312; Beschl. v. 21.10.2004 - IX ZB 205/03, NJW 2005, 290 = MDR 2005, 345; Beschl. v. 10.11.2005 - IX ZB 240/04, NJW-RR 2006, 288 = MDR 2006 529).

2. In der Sache hat die Berufung der Klägerin - mit Ausnahme der Kostenentscheidung - keinen Erfolg...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge