Leitsatz (amtlich)

1. Der Schadensersatzanspruch der Gesamtvollstreckungsmasse gegen die Mitglieder des Gläubigerausschusses verjährt gem. § 852 BGB a.F. in drei Jahren.

2. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Gesamtvollstreckungsverwalter von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, ohne dass es darauf ankommt, welche natürliche Person dieses Amt innehatte.

3. Die Verjährung wird nicht dadurch gehemmt, dass der frühere Verwalter nicht bereit ist, Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Gläubigerausschusses geltend zu machen.

4. Die geschädigte Masse kann den früheren Verwalter mit der Begründung zur Haftung heranziehen, er habe begründete Ansprüche gegen die Mitglieder des Gläubigerausschusses verjähren lassen.

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 10.02.2006; Aktenzeichen 1 O 120/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.05.2008; Aktenzeichen IX ZR 54/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 10.2.2006 verkündete Urteil des LG Schwerin (Az.: 1 O 120/04) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 105 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Beklagten nicht Sicherheit in derselben Höhe stellen.

Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert der Berufung: bis 2.500.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beklagten waren Mitglieder des Gläubigerausschusses im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der A. K. W. GmbH & Co. KG, nachfolgend Schuldnerin. Gesamtvollstreckungsverwalter war Rechtsanwalt L. Er gründete Auffanggesellschaften und vergab aus der Gesamtvollstreckungsmasse Darlehen, die nicht zurückgezahlt wurden. Mit der Begründung, bei gewissenhafter Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Mitglieder des Gläubigerausschusses, insbesondere Beachtung der auf 4.000.000 DM festgelegten Grenze für die Darlehensvergaben, hätten die Beklagten die die Masse schädigenden Darlehenshingaben verhindern können, nimmt der Kläger sie auf Schadensersatz i.H.v. 2.266.566,10 EUR und auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiteren Schadens in Anspruch. Zu den Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG Schwerin wies die Klage ab. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung zu deren Begründung er betont, dass der Gesamtvollstreckungsverwalter L. mit den umfangreichen Querfinanzierungen seine Pflichten verletzt habe. Die Fehleinschätzung des LG beruhe auf der unzutreffenden Auslegung des Begriffes des "Liquiditätsverlust". Vielmehr sei der Beschluss der Gläubigerversammlung vom 16.12.1996 in dem Sinne auszulegen, dass der Gesamtvollstreckungsverwalter höchstens 4.000.000 DM an die Auffanggesellschaften abführen durfte. Den geltend gemachten Schaden i.H.v. 2.266.566,10 EUR, also den 4.000.000 DM übersteigenden Betrag, habe er, der Kläger schlüssig dargelegt. Die erzielten Verwertungserlöse seien nicht gegenzurechnen, weil diese auch bei einer Betriebsfortführung ohne die Gründung von Auffanggesellschaften mit anschließender übertragender Sanierung erzielt worden wären.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten unter Abänderung des Urteils des LG Schwerin vom 10.2.2006 - 1 O 120/04 - als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2.266.566,10 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. unter Abänderung des Urteils des LG Schwerin vom 10.2.2006 - 1 O 120/04 - festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den gesamten weiteren Schaden zu ersetzen, der der Gesamtvollstreckungsmasse im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Firma A. K. W. GmbH & Co. KG dadurch entstanden ist oder noch entsteht, dass die Beklagten ihre Pflicht gem. § 15 Abs. 6 S. 1 GesO zu Überwachung der Geschäftsführung des früheren Verwalters Rechtsanwalt H.-J. L., verletzt haben und der über den mit dem Klageantrag zu 1. geltenden Anspruch hinausgeht.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Einen Liquiditätsverlust von mehr als 4.000.000 DM, so tragen sie vor, habe der Kläger nicht dargelegt. Der frühere Gesamtvollstreckungsverwalter habe hier Finanzierungen innerhalb der von ihm verwalteten Gesamtvollstreckungsmassen betrieben. Bei der Schuldnerin stünden Liquiditätsabflüssen von 7.300.000 DM, Liquiditätszuflüssen aus Querfinanzierungen i.H.v. 4.000.000 DM gegenüber, so dass per Saldo ein Liquiditätsverlust von 4.000.000 DM nicht erreicht sei. Die Darlehenshingaben an die Auffanggesellschaften seien im Übrigen durchaus gesichert gewesen, denn an Stelle der hingegebenen Finanzmittel seien als Gegenwert die Anschaffungskosten für Beteiligung getreten, die die Gesamtvollstreckungsmasse zu 100 % gehalten habe. Das LG betone zu Recht als wesentliches Anliegen der Gesamtvollstreckungsverwaltung die Sanierung der Unternehmen mit dem Risiko des totalen Verlustes. Hiervon ausgehend sei ein frühzeitiges Einschreiten des Gläubigerausschusses zur Verhinderung weiterer Abflüsse an die ...

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