Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Mehrerlösklausel, die wirtschaftlich einer unwirksamen Nachbewertungsklausel gleichsteht

 

Normenkette

AGBG §§ 3, 9

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Aktenzeichen 4 O 469/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.11.2002; Aktenzeichen V ZR 78/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Schwerin, Zivilkammer 4, vom 3.5.2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung von 3.645,00 Euro (7.130 DM) abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Wert der Beschwer der Klägerin und Streitwert: 76.693,78 Euro (150.000 DM).

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten in Höhe eines Teilbetrages von 150.000 DM auf Abführung eines fiktiven Mehrerlöses von 970.400 DM aufgrund der Weiterveräußerung eines in B. gelegenen Grundstückes in Anspruch.

Die Klägerin ist als Nachfolgerin der Treuhandanstalt treuhänderische Verwalterin des Vermögens der Vereinigung organisationseigener Betriebe (VOB) Z. der SED/PDS und kraft Amtes prozessführungsbefugt.

Die Klägerin hatte mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 29.2.1996 das mit einem Dreifamilienhaus bebaute Grundstück A. im Ostseebad B. mit einer Gesamtfläche von 8.182qm an den Beklagten verkauft. Die von den Vorfahren des Beklagten errichtete Villa war 1986 an die Z. verkauft worden. Nachdem ein Rückübertragungsantrag erfolglos geblieben war, strebte der Beklagte den Rückkauf an. In diesem Zusammenhang wurde die I. S. GmbH als Erfüllungsgehilfin der TLG mit der Bearbeitung beauftragt. Diese unterrichtete den Beklagten mit Schreiben vom 4.10.1995, dass der Kaufpreis von insgesamt 287.000 DM „bestätigt” worden sei, der Gegenstand des notariellen Kaufvertrages wurde. Zum Notartermin erschien der Beklagte aufgrund seiner Hörbehinderung in anwaltlicher Begleitung. Gegenstand des notariellen Kaufvertrages war eine Regelung über eine Mehrerlösabführung, wonach der Beklagte bei einem Weiterverkauf bis einschließlich 31.12.1997 80 % des über den vereinbarten Kaufpreises erzielten Mehrerlöses abzuführen hatte, bei einer Veräußerung bis 31.12.1999 50 %. Sollte der erzielte Kaufpreis unter dem Verkehrswert liegen, sollte der Beklagte 80 % bzw. 50 % des Differenzbetrages abführen, und zwar auch dann, wenn der Weiterverkaufspreis über dem vereinbarten Kaufpreis liegen sollte. Bei fehlender Einigung über den Verkehrswert sollte dieser durch den Fachbeirat für Bewertung bei der TLG bestimmt werden.

Der Beklagte zahlte den vereinbarten Kaufpreis; am 16.12.1996 wurde zu seinen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Am 31.12.1996 verkaufte er den Kaufgegenstand an eine Immobilienverwertungs GmbH für 287.000 DM weiter. Von der Klägerin beauftragte Sachverständige ermittelten den Verkehrswert für die Stichtage der beiden notariellen Kaufverträge mit jeweils 1.560.000 DM. Gemäß Stellungnahme des Fachbeirates Bewertung lag dieser am 31.12.1996 bei 2.210.000 DM. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 12.5.1999 auf, einen Mehrerlös von 1.018.400 DM zu zahlen.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe aufgrund der zur Vermeidung von Spekulationsgewinnen vereinbarten Mehrerlösklauseln, die den Beklagten weder unangemessen benachteiligten noch objektiv ungewöhnlich oder überraschend seien, der zunächst nur mit einem Teilbetrag eingeklagte – fiktive – Mehrerlös zu.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 150.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2.6.1999 an sie zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, die Mehrerlösklauseln seien wegen Verstoßes gegen §§ 3 und 9 AGB-Gesetz unwirksam. Die Abschöpfung eines fiktiven Mehrerlöses komme wirtschaftlich einer Nachbewertung des Grundstückswertes gleich. 1996 hätten der Klägerin vielzählige Vergleichsmöglichkeiten zur Bemessung eines angemessenen Verkaufspreises zur Verfügung gestanden. Er habe davon ausgehen können, dass der Kaufpreis mittels Gutachten ermittelt worden sei und dass er das Objekt zum Verkehrswert erworben habe. Auch handele es sich bei dem Fachbeirat um keine unabhängige, sondern um eine von der Klägerin beherrschte Stelle.

Das LG Schwerin hat mit am 3.5.2001 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen, weil § 6.2 des notariellen Kaufvertrages wegen Verstoßes gegen § 3 und § 9 AGB-Gesetz unwirksam sei. Die Klägerin habe nicht bestritten, dass es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen formulierte Vertragsbestimmung handele. Sie benachteilige den Beklagten und sei so ungewöhnlich, dass dieser damit nicht habe rechnen müssen. Mit dem Grundgedanken des Kaufrechtes sei es zudem nicht vereinbar, dass der Beklagte trotz Weiterverkaufes zum gleichen Kaufpreis verpflichtet sein solle, ein Mehrfaches des Betrages an die Klägerin zu zahlen. Die Klägerin sei 1996 in der Lage gewesen, den Verkehrswert durch Begutachtungen ...

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