Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnungsbefugnis des Mieters mit Betriebskostenguthaben ggü. Mietforderung des Zwangsverwalters

 

Normenkette

ZVG § 152; BGB § 1125; ZPO § 138 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Stralsund (Urteil vom 12.09.2005; Aktenzeichen 4 O 257/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 12.9.2005 verkündete Urteil des LG Stralsund (Az.: 4 O 257/05) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Streitwert der Berufung: 8.947,48 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Berechtigung der beklagten Mieterin, gegen die nach Anordnung der Zwangsverwaltung (17.11.2004) fällig gewordenen Mieten für April und Mai 2005 mit dem von der Vermieterin am 27.12.2004 errechneten Anspruch auf Rückerstattung der im Jahr 2003 überzahlten Betriebskosten aufzurechnen. Das LG hielt die Aufrechnung für zulässig und wies die Klage ab. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die er fristgerecht am 29.11.2005 begründete. Mit Verfügung vom 7.12.2005 wies der Senatsvorsitzende darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg biete und die Zurückweisung durch Beschluss in Betracht komme. Hierzu nahm der Kläger, der die Rechtsprechung des BGH (BGH v. 26.3.2003 - VIII ZR 333/02, MDR 2003, 893 = BGHReport 2003, 780 = NJW 2003, 2320) für falsch hält, mit Schriftsatz vom 10.1.2006 Stellung.

II. Die Berufung des Klägers ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

1. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

a) Der Anspruch des Klägers auf Miete für die Monate April und Mai 2005 ist gem. § 387 BGB infolge Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Anspruch auf Auskehrung des für 2003 errechneten Nebenkostenguthabens erloschen. Gegenseitigkeit der Forderungen liegt vor, weil sich der Anspruch der Beklagten gegen den Kläger richtet.

aa) Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 26.3.2003 - VIII ZR 333/02, MDR 2003, 893 = BGHReport 2003, 780 = NJW 2003, 2320 = NZM 2003, 473 = ZfIR 2003, 528) rückt der Zwangsverwalter insofern in die Vermieterpflichten ein, als er auch für einen Abrechnungszeitraum, der vor seiner Bestellung liegt, über die Nebenkosten abzurechnen und ein etwaiges Guthaben auch dann an den Mieter auszukehren hat, wenn dieser die Vorauszahlungen noch an den Vermieter geleistet hat. Dass das angefochtene Urteil hiermit in Einklang steht, räumt der Kläger ein. Der Senat sieht keinen Grund, hiervon abzuweichen. Auch die tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Sachverhalts nötigen nicht zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere ist unerheblich, ob - wie in dem vom BGH entschiedenen Sachverhalt - der Mieter den Zwangsverwalter auf Auszahlung des Guthabens gerichtlich in Anspruch nimmt oder ob er sich gegen die Mietzahlungsklage des Zwangsverwalters mit der Aufrechnung verteidigt. In beiden Konstellationen ist entscheidungserheblich, ob der Zwangsverwalter die Auszahlung des Nebenkostenguthabens aus der von ihm verwalteten Masse an den Mieter schuldet.

Die Anordnung der Zwangsverwaltung ist keine Rechtsnachfolge, steht auch nicht der Veräußerung des Grundstücks gleich, vielmehr bleibt das Mietverhältnis im Grundsatz davon unberührt, allerdings hat der Zwangsverwalter die Vermieterpflichten - ob an Stelle des Vermieters oder neben ihm, mag hier dahinstehen - zu erfüllen und die Vermieterrechte wahrzunehmen. Zudem bewirkt die Beschlagnahme keine der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vergleichbare Zäsur (§§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 108 Abs. 2 InsO), die die Ansprüche des Mieters in vorher begründete, die er nicht gegen die Masse geltend machen kann, und danach entstandene Forderungen, die aus der Masse zu berichtigen sind, teilt. Demgemäß war der Kläger bei Übernahme der Zwangsverwaltung am 17.11.2004 gehalten, über die Betriebskosten für das Jahr 2003, sofern dies noch nicht geschehen war, abzurechnen. Ergab sich aus dieser Abrechnung ein Guthaben, so hatte er es an die Mieterin auszukehren. Dabei bleibt es, auch wenn vorliegend nicht der Kläger, sondern der Schuldner die Abrechnung für das Jahr 2003 erstellt hat. Da die Beklagte mit Erstellung der Abrechnung einen Anspruch gegen die von dem Kläger verwaltete Masse erworben hat, kann dieser die Aufrechnung der Beklagten gegen laufende Mietzahlungen nicht mit dem Hinweis auf § 1125 BGB abwehren. Diese Vorschrift dient, ebenso wie die für das Insolvenzverfahren geltende Regelung im § 110 InsO, der Erhaltung der Gegenseitigkeit der Leistung. Beide Bestimmungen wollen verhindern, dass die Masse, die den Mietgebrauch zu gewähren hat, geschmälert wird, ohne dass ihr das Entgelt zufließt. Aus diesem Grunde ist der Mieter gehindert, gegen die laufenden Mietzahlungen mit Ansprüchen aufzurechnen, die vor Anordnung der Zwangsverwaltung bzw. vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters entstanden sind. Gerade dies liegt nicht vor, denn die Abrechnung, mit deren Erteilung der Rückforderungsanspruch der Mieterin fällig wird (BGH v. 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188 = MDR 1991, 524 = NJW 1991, 836), erfolgte erst nach Anordnung der Zwangsverwaltung.

bb) Entgegen der im...

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