Leitsatz (amtlich)

Macht eine öffentlich-rechtliche Sparkasse gegen den (ehemaligen) Vorsitzenden ihres Verwaltungsrates, der als Oberbürgermeister kommunaler Wahlbeamter auf Zeit war, Schadensersatzansprüche gem. § 17 Abs. 1 KWG wegen angeblicher Pflichtverletzungen bei der Gewährung eines Organkredites (§ 15 KWG) geltend, so handelt es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Es liegt weder eine beamtenrechtliche noch eine sonst öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, die den Rechtsweg zu den VG eröffnen würde (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO).

 

Normenkette

VwGO § 40 Abs. 1 S. 1; KredWG § 15 Abs. 1, § 17 Abs. 1, § 17a Abs. 3; SparkG MV § 10 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 1-2, §§ 15, 16 Abs. 1, 2 S. 3, § 17 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Stralsund (Beschluss vom 03.12.2009; Aktenzeichen 6 O 285/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 18.12.2009 gegen den Beschluss des LG Stralsund vom 3.12.2009 - Az.: 6 O 285/07 - wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert bis 5.000 EUR zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Zulässigkeit des Rechtswegs vor den Zivil- oder VG für Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Gewährung eines Organkredits nach § 15 KWG.

Der Beklagte war in seiner Funktion als Oberbürgermeister der Hansestadt S. von 1990 bis 2008 Vorsitzender des Verwaltungsrates sowie des Kreditausschusses der Klägerin bzw. (bis 2004) deren Rechtsvorgängerin, der Sparkasse S. (im Folgenden: Sparkasse). Im Oktober 1996 gewährte die Sparkasse dem Beklagten und seiner Ehefrau zwei Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit und einem Festzins von jeweils 6,8 % p. a.. Außerdem wurde ein jederzeitiges Sondertilgungsrecht in beliebiger Höhe vereinbart. Der Vorstand der Sparkasse sowie der Kreditausschuss hatten zuvor die erforderlichen Zustimmungen (§ 15 Abs. 1 KWG, § 16 Abs. 1 Satz 1 SpkG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.7.1994, GVOBl. 1994, S. 761 [im Folgenden: SpkG]) erteilt.

In den Jahren 1998 und 2003 kam es nach entsprechenden Verhandlungen zwischen der Sparkasse sowie dem Beklagten und seiner Ehefrau jeweils zu einer Reduzierung der Zinssätze auf jeweils 5,3 % p. a. bzw. 4,7 % p. a. und 4,14 % p. a.. Der Kreditausschuss wurde hiermit nicht befasst, er nahm lediglich im Jahr 2004 die Änderungen nachträglich zustimmend zur Kenntnis. Zwischenzeitlich sind die Darlehen vollständig getilgt.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz nach §§ 15, 17 KWG. Zur Begründung hat sie behauptet, die beiden Zinsanpassungen seien jeweils zustimmungspflichtig nach § 15 Abs. 1 KWG gewesen. Obwohl dem Beklagten dies - wie auch der Umstand, dass der Vorstand der Sparkasse den Kreditausschuss bewusst habe umgehen wollen - bekannt gewesen sei, habe er den Kreditausschuss pflichtwidrig nicht informiert, um die - im Übrigen nicht marktüblichen - Reduzierungen zu verhindern. Durch die geänderten Zinssätze habe die Klägerin geringere Zinseinnahmen gehabt, weshalb ihr ein entsprechender Schaden entstanden sei.

Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.11.2009 zur Hauptsache beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 23.726,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 16.783,13 EUR seit dem 25.1.2007 sowie aus dem weiteren Betrag von 6.943,30 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat in der Hauptsache beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage für rechtsmissbräuchlich und damit für unzulässig. Auch ist er der Auffassung, die Zinsänderungen stellten keine zustimmungspflichtigen Organkredite dar, sie seien zudem durchaus marktüblich gewesen. Im Übrigen habe er - als Darlehensnehmer in eigener Sache - an den Entscheidungen des Kreditausschusses nicht mitgewirkt. Ein pflichtwidriges Verhalten liege daher nicht vor. Schließlich fehle es an einem Schaden.

Darüber hinaus rügt der Beklagte die Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Es handele sich vielmehr um eine beamtenrechtliche oder jedenfalls öffentlich-rechtliche Streitigkeit, da die Sparkasse eine öffentlich-rechtliche Anstalt und der Beklagte als Oberbürgermeister und Verwaltungsratsvorsitzender Ehrenbeamter seien.

Der Beklagte hat die Rüge im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.11.2009 aufrechterhalten. Das LG hat hierauf mit dem angefochtenen Beschluss vom 3.12.2009, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, gem. § 17a Abs. 3 GVG den beschrittenen Rechtsweg vor den Zivilgerichten für zulässig erklärt. Das mit der Klage verfolgte Schadensersatzbegehren werde nicht aus einem hoheitlichen Handeln des Beklagten hergeleitet, sondern aus dessen Stellung als Organ der Sparkasse. Im Verhältnis der Parteien untereinander habe sich der Beklagte nicht der ihm zugeordneten Ermächtigungsgrundlagen des öffentlichen Rechts bedient, sondern sein Handeln sei nach den für jedermann geltenden zivilrec...

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