Gründe

Das Landgericht hat ohne einen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler die Klage mangels ausreichenden Beweisantritts seitens der Klägerin abgewiesen. Dem in der Berufungsinstanz erstmals gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht nachzugehen. Es handelt sich dabei um neues Vorbringen, welches gemäß §§ 528 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO nicht zuzulassen ist.

Die Tatsache, dass die Klägerin es im ersten Rechtszug versäumt hat, ihre Behauptung unter Beweis zu stellen, dass der vom Beklagten vorgetragene Unfall vom 06.01.1997 in keiner Weise ursächlich für die nachfolgenden ärztlichen Behandlungen des Beklagten und dessen Arbeitsunfähigkeit gewesen sei, ist als grob nachlässige Verletzung ihrer Prozessförderungspflicht gemäß § 282 Abs. 1 ZPO zu bewerten. Ihr Prozessbevollmächtigter hat durch sein Versäumnis die im Prozess erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet, was im Streitfall jedem hätte einleuchten müssen.

Vorliegend handelt es sich um einen materiell-rechtlich einfachen Sach- und Streitstand. Einzig wesentliche streitige Tatsache und Kern des Rechtsstreits ist die Frage, ob bzw. welche körperlichen Beeinträchtigungen der Beklagte durch den von ihm dargestellten Unfall vom 06.01.1997 erlitten hat. Die Klägerin hat zur Stützung ihres Vortrags sich auf das von ihr eingeholte Privatgutachten des Dr. S berufen. Demgegenüber hat der Beklagte behauptet, es sei bei ihm eine unfallbedingte Arbeitsbehinderung eingetreten. Zur eingehenden Substantiierung seines Bestreitens hat er sich vornehmlich auf die ärztliche Berichte des Dr. E vom 08.03., 25.03. und 25.08.1997 sowie auf dessen privatgutachterliche Stellungnahme vom 02.03.1998 berufen. Während Dr. S in dem vorgelegten Gutachten die Auffassung vertritt, die maßgeblichen Beschwerden des Beklagten beruhten auf einer vorhandenen Arthrose des linken Kniegelenks und einer Chondropathie bzw. Osteochondrosis dissecans, geht Dr. E von einer unfallbedingten frischen osteochondralen Fraktur bei vorhandener Arthrose aus.

Auf Grund des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erkennen können und müssen, dass er für die im vorliegenden Rückforderungsprozess beweispflichtige Klägerin sich auf die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens hätte berufen müssen.

Die Auffassung der Berufung, das Landgericht hätte das Gutachten des Dr. S zur Grundlage seiner Entscheidung machen müssen, ohne selbst ein Sachverständigengutachten einzuholen, ist falsch. Eine solche Vorgehensweise des Landgerichts wäre vielmehr ersichtlich grob verfahrensfehlerhaft gewesen. Bei der Vorlage von Privatgutachten handelt es sich grundsätzlich nicht um Beweismittel im Sinn der §§ 355 ff ZPO, sondern lediglich um (qualifizierten) substantiierten Parteivortrag (BGH VersR 1981, 576; BGH VersR 1987, 1007, 1008; BGH VersR 1992, 722; BGH VersR 1993, 899, 900; BGH NJW 1998, 2735; Senat OLGR 1996, 273). Als Sachverständigengutachten im Sinn eines Beweismittels kann ein Privatgutachten nur mit Zustimmung beider Parteien - die hier nicht vorliegt - verwertet werden (BGH VersR 1993, 899, 900).

Der Hinweis der Berufung auf die Möglichkeit der urkundsbeweislichen Verwertung eine Privatgutachtens (vgl. dazu z.B. Zöller-Greger, ZPO, 21. Aufl., § 402 Rn. 2 m.w.N.) liegt neben der Sache. Denn durch die Erhebung des Urkundsbeweises könnte allein die nicht streitige Tatsache bewiesen werden, ob bzw. welche Erklärungen vom Privatgutachter abgegeben worden sind; nur durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens kann jedoch die entscheidungserhebliche Frage geklärt werden, welche der unstreitig niedergelegten, aber unterschiedlichen fachmedizinischen Auffassungen inhaltlich richtig ist.

Das Landgericht durfte vorliegend auch nicht ausnahmsweise dem Privatgutachten folgen, ohne ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen. Eine solche Vorgehensweise kommt nur ausnahmsweise - meist bei besonders einfacher Sachlage - in Betracht, wenn das Gericht allein schon auf Grund des durch ein Privatgutachten substantiierten Parteivortrags ohne Rechtsfehler zu einer zuverlässigen Beantwortung einer Beweisfrage gelangen kann (BGH VersR 1993, 899, 900; Senat a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch - wiederum ersichtlich - nicht vor. Welche der oben skizzierten unterschiedlichen fachmedizinischen Auffassungen richtig ist, kann nur mit Hilfe eines fundierten gerichtlichen Sachverständigengutachtens beurteilt werden. Selbstverständlich verfügte das Landgericht über derartige medizinische Fachkenntnisse nicht, was für die Klägerin im ersten Rechtszug ohne weiteres auf der Hand gelegen hat.

Möglicherweise hat das Landgericht allerdings die beweisrechtliche Bedeutung von Privatgutachten nicht ganz zutreffend erkannt. Dafür könnte sprechen, dass in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausgeführt worden ist, dass es sich bei dem Privatgutachten des Dr. S "um rein...

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