Leitsatz (amtlich)

Der Pferdepensionsvertrag ist seiner Eigenart nach als entgeltlicher Verwahrungsvertrag zu qualifizieren.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 31.08.2010; Aktenzeichen 4 O 547/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.8.2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche der Klägerin aus einem Tierpensionsvertrag.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Schimmelstute "R." von R. D..., die sie aufgrund eines mündlich geschlossenen Tierpensionsvertrages ab dem 1.9.2007 in einer ihr von der Beklagten zugewiesenen Box auf dem Hof der Beklagten eingestallt hatte. Die Beklagte war vertraglich zur Stallunterbringung und Fütterung des Pferdes sowie zur Reinigung der Box und zum Einstreu verpflichtet. In der Nacht vom 14. auf den 15.10.2007 geriet das Pferd nach Herausbrechen eines Gitterstabes mit dem rechten Hinterbein zwischen die Gitterstäbe der Pferdebox und zog sich in der Folge erhebliche Verletzungen zu. Der konkrete Schadenshergang blieb dabei ungeklärt. Wegen der eingetretenen Verletzungsfolgen, insbesondere einem reduzierten Marktwert des Pferdes, hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 13.564,81 EUR in Anspruch genommen. Das LG hat der Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme in Höhe eines Betrages von 12.244,81 EUR stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass von einer schadens-ursächlichen Pflichtverletzung der Beklagten im bestehenden Verwahrungs-verhältnis auszugehen sei, da sich die Beklagte wegen des in ihrem Verantwortungsbereich entstandenen Schadens nicht habe entlasten können. Der Entscheidung lag dabei vorrangig zugrunde, dass die Gitterstäbe der Pferdebox nach den Feststellungen des vom LG beauftragten Sachverständigen unzureichend mit dem auf die Holzeinfassung der Box aufgesetzten Rahmen verschweißt waren. Gegen die Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor, dass eine mangelhafte Verschweißung der Gitterstäbe für sie nicht erkennbar und im Übrigen auch nicht die primäre Schadensursache gewesen sei.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Osnabrück vom 31.8.2010 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin tritt der Berufung nach Maßgabe ihrer Erwiderung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die Klägerin kann von der Beklagten weder unter dem Gesichtspunkt einer schuldhaften Pflichtverletzung im bestehenden Vertragsverhältnis noch aus unerlaubter Handlung Schadensersatz wegen der eingetretenen Verletzung ihres Pferdes verlangen.

Ebenso wie das LG geht der Senat davon aus, dass es sich bei dem von den Parteien mündlich geschlossenen Tierpensions- bzw. Einstellungsvertrag um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag i.S.v. § 688 BGB handelt. Nach dem Vertrag schuldete die Beklagte der Klägerin neben der Überlassung einer Pferdebox u.a. auch die Fütterung des Pferdes und die Übernahme der Fürsorge und Obhut für das eingestellte Tier. Vertragsinhalt war daher nicht nur die Vermietung einer Box (vgl. insoweit BGH NJW-RR 1990, 1422), sondern auch die Lieferung von Futter und die Erbringung weiterer (Dienst-)Leistungen (vgl. BGH, Urt. v. 12.6.1990 - IX ZR 151/89, wonach der Einstellvertrag als Dienstvertrag zu qualifizieren ist), namentlich der Fütterung und Fürsorge. Der zu beurteilende Pferdepensions- bzw. Einstellvertrag ist demnach ein gemischter Vertrag, der sich aus Elementen des Mietvertrages, des Kaufvertrages, des Dienstvertrages und des Verwahrungsvertrages zusammensetzt. Ein solcher Vertrag bildet ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beuteilung nicht in dem Sinne in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht und auf den Verwahrungsvertragsanteil Verwahrungsrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrages wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrages liegt (vgl. BGH NJW 2005, 2008/2010). Dabei ist es jedoch nicht ausgeschlossen, auf die Bestimmungen eines anderen Vertragsrechts, bei dem der Schwerpunkt nicht liegt, zurückzugreifen, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrages richtig gewürdigt wird (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Bei dem Pferdepensions- oder Einstellvertrag steht entgegen der Auffassung der Klägerin regelmäßig nicht die Überlassung einer konkreten Pferdebox, sondern die Pflicht zur Fürsorge und Obhut über das Pferd im Vordergrund. Diese Leistungen sind hier vertragswesentlich und typusbildent (vgl. Häublein, NJW 20...

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