Leitsatz (amtlich)

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugunsten eines verstorbenen Beteiligten kommt nicht in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht bei ordnungsgemäßer und zügiger Bearbeitung des Prozesskostenhilfeantrages noch zu Lebzeiten des Antragstellers hätte entscheiden und seinen Beschluss dem Antragsteller hätte zugehen lassen können.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Beschluss vom 12.11.2009; Aktenzeichen 12 O 2929/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Erben des Klägers gegen den Beschluss des LG Osnabrück vom 12.11.2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Kläger erhob am 8.9.2004 eine Herausgabeklage. Mit Schriftsatz vom 29.5.2005 beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren. In der mündlichen Verhandlung vom 4.11.2005 wies das LG den Kläger darauf hin, dass sein Prozesskostenhilfeantrag zum Teil mutwillig sein könnte. Mit Schriftsatz vom 18.11.2005 erweiterte der Kläger die Klage. Im September 2007 verstarb der Kläger. Daraufhin stellte das LG mit Beschluss vom 12.11.2009 fest, dass das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers infolge seines Versterbens gegenstandslos sei. Hiergegen wenden sich die Erben des Klägers mit der sofortigen Beschwerde.

II.1. Die Beschwerde ist zulässig. Der Tod des Klägers am hat die seinen anwaltlichen Vertretern erteilte Prozessvollmacht nicht beendet (§ 86 ZPO) und das Prozesskostenhilfeverfahren nicht unterbrochen. Das Verfahren geht ungehindert weiter, wobei an die Stelle des Verstorbenen seine Erben als Gesamtrechtsnachfolger getreten sind.

2. In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg. Es besteht kein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren.

Prozesskostenhilfe, für deren Bewilligung es gemäß § 114 ZPO auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antrag stellenden Partei ankommt, ist personengebunden und nicht vererblich. Sie kann deshalb nach allgemeiner Ansicht einem verstorbenen Verfahrensbeteiligten nicht bewilligt werden (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl. 2010, Rz. 76 m.w.N.). Mit dem Tod erledigt sich mithin das bisherige Bewilligungsverfahren (Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 114 Rz. 14; Musielak-Fischer, ZPO, 7. Aufl., § 119 Rz. 15 m.w.N.; OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1995; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1199). Eine nachträgliche Bewilligung zugunsten der verstorbenen Partei ist ausgeschlossen. Denn maßgebend für die Bewilligung ist stets, ob der Antragsteller der Hilfe - noch - aktuell bedarf (Zöller/Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 114 Rz. 12). Es ist allerdings umstritten, ob dieser Grundsatz dann eine Ausnahme erfährt und eine rückwirkende Bewilligung in Betracht kommt, wenn das angerufene Gericht den - vollständigen und auch sonst ordnungsgemäßen - Prozesskostenhilfeantrag des verstorbenen Verfahrensbeteiligten zögerlich oder nicht ordnungsgemäß bearbeitet hatte (so: BSG MDR 1988, 610 f.; ThürLSG, Beschl. v. 21.9.2004 - L 6 RJ 964.02, zitiert nach juris; LAG Hamm, Beschl. v. 25.11.2002 - 4 Ta 180/02, zitiert nach juris). Der Senat ist mit dem LG der Auffassung, dass eine derartige Ausnahme dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe zuwiderlaufen würde und damit nicht in Betracht kommt (so auch: LSG NRW, Beschl. v. 29.2.2008 - L 20 B 9/08 SO, zitiert nach juris; OVG Bautzen NVwZ 2002, 492 (493); OLG Hamm MDR 1977, 409; Motzer in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 119 Rz. 55; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 119 Rz. 26). Denn die Prozesskostenhilfe kann die zentrale Funktion, der hilfebedürftigen Partei die beabsichtigte Rechtsverfolgung zu ermöglichen, nicht mehr erreichen; sie käme nicht mehr dem gesetzlichen Adressaten zu Gute, sondern den Erben oder dem Rechtsanwalt und würde dadurch ihre gesetzliche Bestimmung verlieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2297458

FamRZ 2010, 1587

JurBüro 2010, 264

ZAP 2010, 1157

MDR 2010, 462

RENOpraxis 2011, 8

RVGreport 2010, 436

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