Leitsatz (amtlich)

1. Haben Verlobte einander Zuwendungen gemacht, können deswegen nach dem Scheitern der Verlobung unter Umständen Ausgleichsansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch dann bestehen, wenn es gar nicht erst zur Eheschließung gekommen ist.

2. Ansprüche nach § 1298 BGB bestehen nicht, wenn die Aufwendungen des Verlobten den Umständen nach nicht mehr angemessen waren.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Aktenzeichen 4 O 1399/08 (127))

 

Tenor

1. Das Verfahren wird gem. § 568 S. 2 Nr. 1 ZPO zur Entscheidung auf den Senat übertragen.

2. Der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück vom 21.1.2009 wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen geändert.

Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... zu den Bedingungen eines im Bezirk des LG Osnabrück ansässigen Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Zahlung von 60.000 EUR und zur Abtretung ihres Kaufpreisanspruchs gegen Herrn O. H. auf Zahlung von 20.000 EUR aus dem Wohnungskauf der Eigentumswohnung ... an ihn sowie Ersatz außergerichtlich entstandener Kosten i.H.v. 1.880,20 EUR begehrt.

Das weitergehende Prozesskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine gegen die Antragsgegnerin gerichtete Klage, mit der er Zahlung von 138.000 EUR, die Feststellung, dass der Rückzahlungsanspruch aus einem Darlehen ihm gebührt und Abtretung eines Kaufpreisanspruchs beansprucht. Nach seiner Darstellung haben sich die Parteien am 24.12.1995 verlobt. Dabei sei ursprünglich geplant gewesen, in die Wohnung der Antragsgegnerin zu ziehen, weshalb er für diese eine Küche, Badmöbel und ein Schlafzimmer gefertigt habe. Alles habe einen Wert von 28.000 EUR.

Von Beginn an habe man aber in seiner Wohnung in B. gewohnt, deren Eigentümer er gemeinsam mit seiner früheren Ehefrau gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe dieses Haus ersteigert, wobei er ihr das dafür notwendige Geld zur Verfügung gestellt habe, da die Antragsgegnerin selbst über keinerlei Eigenmittel verfügt habe.

In der Folge habe er das Haus ausgebaut und mit eigenen Mitteln eine Eigentumswohnung errichtet, die die Antragsgegnerin für 90.000 EUR verkauft habe. Weitere 20.000 EUR habe der Erwerber seinerzeit nicht finanzieren können, weshalb er sich in einer Darlehensurkunde verpflichtet habe, ihm diesen Betrag zurück zu erstatten.

Schließlich sei einem D. B. ein Darlehen über 5.000 EUR gegeben worden. Das Geld sei von einem Konto gezahlt worden, das zwar auf den Namen der Antragsgegnerin lief, dessen Guthaben aber tatsächlich allein ihm zugestanden habe.

Am 1.11.2007 habe die Antragsgegnerin schließlich die Verlobung beendet.

Das LG hat die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit seinem hiermit in Bezug genommenen Beschluss vom 21.1.2009 verweigert, wogegen sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde wendet. Diese ist gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässig; in der Sache ist sie teilweise begründet.

1. Soweit der Anspruch des Antragstellers darauf gestützt wird, dass er Möbel für die Wohnung der Antragsgegnerin gefertigt und nach dort verbracht hat, bietet die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Denn eine Anspruchsgrundlage ist insoweit nicht ersichtlich. § 1298 BGB gewährt einem Verlobten einen Schadensersatzanspruch dann, wenn der andere von dem Verlöbnis zurück tritt. Dass die Parteien miteinander verlobt waren und beabsichtigten, die Ehe zu schließen, hat der Antragsteller unter Beweis gestellt. Allein der Zeitablauf steht der Annahme eines Verlöbnisses oder der ernsthaften Absicht späterer Eheschließung nicht entgegen. Der Antragsteller begehrt jedoch Ersatz des der Antragsgegnerin zugedachten Wertes und nicht Schadensersatz. Dass der ihm entstandene Schaden so hoch ist wie der der Antragsgegnerin verbliebene Wert, ist nicht vorgetragen. Auch einen Anspruch nach § 1301 BGB hat der Antragsteller nicht. Denn § 1301 BGB gibt einen Anspruch auf Rückgewähr- und nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 818 Abs. 2 BGB - einen Wertersatzanspruch.

Haben allerdings Verlobte einander in der Zeit vor der Eheschließung Zuwendungen gemacht, können Ausgleichsansprüche nach den für ehebezogene

Zuwendungen entwickelten Grundsätzen in Betracht kommen (BGH FamRZ 1992, 427; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 4. Aufl., Rz. 536). Anders als die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen Verlobte nämlich bereits in einem rechtlich geregelten personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis, das die Möglichkeit des stillschweigenden Abschlusses eines - der Zuwendung zugrunde liegenden - familienrechtlichen Vertrags eigener Art eröffnet. In einem solchen Fall sind daher nach dem Scheitern des Verlöbnisses und dem damit verbundenen Wegfall der Geschäftsgrundlage Ausgleichsansprüche möglich.

Zwar bezieht sich die bisherige Rechtsprechung hierzu stets auf Fallkonstellationen, in denen es nach dem Verlöbnis zur Eheschließung gekom...

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