Normenkette

NamÄndG § 3 Abs. 1; BGB § 1628

 

Verfahrensgang

AG Lingen (Beschluss vom 27.05.2014; Aktenzeichen 9 F 71/13 SO)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.11.2016; Aktenzeichen XII ZB 298/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lingen/Ems vom 27.5.2014 geändert und der Antragstellerin die Entscheidung über einen Antrag auf Änderung des Nachnamens des Beteiligten zu 1 übertragen. Der weiter gehende Antrag und die weiter gehende Beschwerde der Antragstellerin werden zurückgewiesen.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Wert des Beschwerdeverfahrens: 3.000 EUR

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

5. Dem Antragsgegner wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin S.-N. in L./E. bewilligt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind die Eltern des Kindes J. C., das nach ihrer Trennung im Haushalt der Mutter lebt. Sie sind gemeinsam sorgeberechtigt. Der Antragsgegner ist tunesischer Staatsangehöriger, die Antragstellerin ist Deutsche. Das Kind führt mit Wirkung ab dem 20.12.2007 den Familiennamen des Vaters.

Die Antragstellerin hat am 3.6.2013 beim AG den Antrag eingereicht, die Zustimmung des Antragsgegners zur Namensänderung des Kindes J. C. in J. G. (den von der Antragstellerin geführten Familiennamen) zu ersetzen. Sie habe nach der Geburt des Kindes nur deshalb zugestimmt, dass das Kind den Namen des Vaters trage, weil dieser im Gegenzug zugesagt habe, dass J. katholisch getauft werden solle. An diese Zusage habe sich der Antragsgegner jedoch nicht gehalten. Der mittlerweile sechs Jahre alte J. äußere seinen Wunsch, den Namen der Mutter zu tragen. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Das AG hat das Kind persönlich angehört. J. hat den Wunsch geäußert, den Namen der Mutter zu tragen. Hänseleien oder sonstigen Schwierigkeiten aufgrund des von ihm getragenen Namens des Vaters sei er bislang noch nicht ausgesetzt gewesen. Die Verfahrensbeiständin hat sich dafür ausgesprochen, dem Antrag der Kindesmutter stattzugeben. Das Kind habe sich auch ihr gegenüber geäußert, wie die Mutter heißen zu wollen. Sein Verhältnis zum Vater sei durchweg positiv besetzt. Eine Namensänderung hätte daher nicht den Grund einer aus Kindessicht notwendigen Abgrenzung zum Vater. Der Wunsch nach Übernahme des Namens der Mutter sei als Zeichen der Zugehörigkeit zur Mutter und deren Familie zu werten. Auch das beteiligte Jugendamt hat sich für den Antrag der Mutter ausgesprochen. Das Kind habe seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter. Durch eine Namensänderung würde das Zugehörigkeitsgefühl zur Mutter weiter gestärkt. J. hätte weiterhin einen ausländischen Vornamen und somit Bezug zum Vater. Durch den angefochtenen, hiermit wegen der Einzelheiten in Bezug genommenen Beschluss hat das AG den Antrag der Mutter zurückgewiesen. Zu entscheiden sei über eine Einbenennung des Kindes nach § 1618 BGB. Die Zustimmung des anderen Elternteils könne nur ersetzt werden, wenn das Wohl des Kindes die Einbenennung erfordere, wobei eine Kindeswohlgefährdung vorliegen müsse oder die Namensänderung erforderlich sei, um Schaden vom Kind abzuwenden. Derartige Umstände seien nicht festzustellen. J. wolle zwar den Namen der Mutter tragen, habe aber gleichzeitig keine Schwierigkeiten mit dem Namen des Vaters.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat entscheidet entsprechend vorheriger Ankündigung im Senatsbeschluss vom 7.7.2014 im schriftlichen Verfahren, da von einer mündlichen Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten waren.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist, nachdem ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden ist, zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel zum Teil erfolgreich, nämlich soweit der Antragstellerin als gemeinsam sorgeberechtigtem Elternteil die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Beantragung einer Namensänderung gem. § 1628 BGB zu übertragen war. Soweit die Antragstellerin darüber hinausgehend die Ersetzung der Zustimmung des anderen Elternteils verfolgt, war der Antrag abzuweisen.

Da die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, richtet sich die Änderung des Familiennamens des Kindes nicht wie vom AG angenommen nach der Vorschrift des § 1618 BGB. Diese Vorschrift regelt den Fall, dass ein Elternteil heiratet und das Kind den (neuen) Ehenamen übernehmen soll. Grund für die beabsichtigte Namensänderung ist jedoch nicht, dass die Antragstellerin geheiratet hat und J. den Namen dieser neuen Ehe tragen soll.

Rechtsgrundlage für die Änderung des Namens ist daher § 3 des Namensänderungsgesetzes. Nach § 3 Abs. 1 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind die für die Entscheidung erheblichen Umstände von Amts wegen festzustelle...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge