Verfahrensgang

LG Osnabrück (Aktenzeichen 9 O 2078/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.10.2019 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz festgesetzt auf 22.289,23 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger, der ursprünglich als Estrichleger tätig gewesen ist, unterhält bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Beklagte erkannte ihre Leistungspflicht zunächst unter dem 15.08.2011 an. Der Kläger schloss eine Umschulung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel, Fachrichtung Großhandel, ab und nahm eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter bei der DD eG im Ort3 auf. Auf diese Tätigkeit verwies ihn die Beklagte mit Schreiben vom 09.11.2016 und stellte die Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zum 01.03.2017 ein. Die Parteien streiten darüber, ob diese Verweisung wirksam ist oder ob die Beklagte weiterhin verpflichtet ist, Berufsunfähigkeitsrente an den Kläger zu zahlen und ihn von der Pflicht, Versicherungsbeiträge zu zahlen, freizustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 18.10.2019 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).

Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Änderungsmitteilung vom 09.11.2016 sei formell wirksam. Die Voraussetzungen für einen nachträglichen Entfall der Leistungspflicht seien gegeben. Eine Vergleichbarkeit der Lebensstellung scheitere nicht daran, dass dem Beruf des Estrichlegers eine höhere Wertschätzung zukäme als dem eines kaufmännischen Angestellten im Groß- und Außenhandel. Auch die Einkommensverhältnisse seien gleichwertig. Hierbei sei auf das Gehalt des Klägers in dem Zeitpunkt abzustellen, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Chancen und Erwartungen seien durch die streitgegenständliche Versicherung nicht abgesichert. Insbesondere die Umstände, dass der Kläger ohne seine gesundheitlichen Probleme einen Meistertitel erworben hätte und ihm ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt worden wäre, seien daher nicht zu berücksichtigen. Vor dem Eintritt der Berufsunfähigkeit habe der Kläger ein durchschnittliches Einkommen von 2.581,13 EUR bezogen. In seiner Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter beziehe der Kläger ein Grundgehalt von 2.186,34 EUR. Unberücksichtigt des Umstandes, dass ihm ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt werde, bestehe damit eine Abweichung von 7,55 % bzw. bis September 2010 von 10,17 %. Eine solche Abweichung sei hinzunehmen. Eine Fortschreibung des ursprünglichen Gehalts habe nicht zu erfolgen.

Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klageziele weiterverfolgt. Er rügt, das Landgericht habe verkannt, dass angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles hier eine Fortschreibung des ursprünglich erzielten Gehaltes zu erfolgen habe, um eine Vergleichbarkeit zu erzielen. Zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und der auf die Verweisung gestützten Einstellung der Berufsunfähigkeitsrente habe ein hinreichend langer Zeitraum von sechs Jahren gelegen. Eine Fortschreibung sei unproblematisch möglich, denn es könne auf die Lohntabelle des Baugewerbes West zurückgegriffen werden. Demnach hätte sich zugunsten des Klägers eine Gehaltssteigerung von 8 % allein in den Jahren 2016-2018 ergeben. Dies übersteige die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes, dessen Steigerung in der Zeit von Mai 2016 bis Mai 2018 lediglich 3,2 % betragen habe.

Das Landgericht habe sich darüber hinaus in keiner Form mit den über einen Vergleich der Gehälter hinausgehenden Faktoren auseinandergesetzt. Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich das gesellschaftliche Ansehen gerade in Bezug auf das Handwerk erheblich verbessert habe und dass er, der Kläger, in einer Kleinstadt lebe, wo die Wertschätzung für das Handwerk grundsätzlich höher einzustufen sei als in Großstädten.

Ferner habe das Landgericht verkannt, dass es auch auf konkret-individuelle Kriterien ankomme. Insofern müsse beachtet werden, dass er ein hervorragend ausgebildeter, sogar in Wettbewerben prämierter Estrichleger gewesen sei. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ergebe sich, dass die hier erfolgte konkrete Verweisung unwirksam sei. Die Leistungsfreiheit der Beklagten sei nicht eingetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 12.11.2019 sowie auf den Schriftsatz vom 21.04.2020 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des am 18.1...

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