Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Zustimmung der Grundpfandgläubiger bei Begründung von Wohnungseigentum

 

Leitsatz (amtlich)

Die Begründung von Wohnungseigentum gem. § 8 WEG durch den Grundstückseigentümer unterliegt auch im Hinblick auf die Rangklassenprivilegierung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG für dort genannte Ansprüche der späteren Wohnungseigentümergemeinschaft nicht dem Zustimmungserfordernis von Grundpfandrechtgläubigern.

 

Normenkette

BGB § 876 S. 1, § 877; GBO § 19; WoEigG § 8; ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Vechta

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Rechtspflegers des AG Vechta vom 25.11.2010 zu Nr. 2 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das AG Vechta zurückverwiesen.

 

Gründe

Die vom Notar namens der Beteiligten erhobene und gem. §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässige Beschwerde hat Erfolg. Das Grundbuchamt hat zu Unrecht den Eintragungsantrag der Beteiligten dahingehend beanstandet, dass zur Begründung von Wohnungseigentum die Zustimmung der in Abt. III Nr. 14 eingetragenen Gläubigerin erforderlich ist. Der Senat folgt der vom Grundbuchamt unter Hinweis auf Kesseler (NJOZ 2010, 1466; NJW 2010, 2317) vertretenen und umfangreich begründeten Auffassung nicht.

Nach § 19 GBO ist zu einer Eintragung im Grundbuch die Bewilligung desjenigen erforderlich, dessen Recht von ihr betroffen wird. Der verfahrensrechtlich erforderlichen (Zustimmungs-)Bewilligung entspricht materiell-rechtlich die Notwendigkeit der Zustimmung nach §§ 876, 877 BGB. Zu Rechtsänderungen i.S.d. §§ 877, 876 Satz 1 BGB ist die Zustimmung eines Dritten erforderlich, mit dessen Recht das Recht an dem Grundstück belastet ist.

Aus dem Schutzzweck der §§ 877, 876 Satz 1 BGB ist zu folgern, dass die Zustimmung des Dritten unnötig ist, wenn seine dingliche Rechtsstellung durch die Änderung nicht nachteilig berührt wird. Hierzu muss eine rechtliche, nicht lediglich eine wirtschaftliche Beeinträchtigung (etwa durch verminderte Erlösaussichten in der Zwangsversteigerung) mit Sicherheit auszuschließen sein (Staudinger/Gursky, BGB, Bearbeitung 2007, § 876 Rz. 58; Schneider ZNotP 2010, 299, 300 m.w.N.). Im vorliegenden Fall tritt mit dem Vollzug der beantragten Eintragung bei der Grundpfandrechtsgläubigerin eine solche rechtliche Beeinträchtigung nicht ein. Wird das Grundstück, das mit dem Recht eines Dritten belastet ist, als Ganzes durch den Eigentümer in Wohnungseigentum aufgeteilt, ist eine Zustimmung des Dritten nicht erforderlich, weil sich an dem Haftungsobjekt als Ganzem nichts ändert und deshalb auch keine Schmälerung der Haftungsgrundlage eintritt (BGH NJW 1968, 499; OLG Frankfurt RPleger 1997, 374; BayObLG NJW 1958, 2016 [2017]; Schneider ZNotP 2010, 299; Demharter, GBO, 27. Aufl. Anh. zu § 3 Rz. 17; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 8 Rz. 7; Bärmann/Armbrüster, WEG, 11. Aufl., § 2 Rz. 23). Derartige Rechte werden durch die Aufteilung zu Gesamtrechten (§§ 1132 Abs. 1 Satz 1, 1192 Abs. 1 BGB). Die Begründung von Wohnungseigentum gem. § 8 WEG ist deshalb sachenrechtlich kein zutreffender Anknüpfungspunkt für ein eventuelles Zustimmungserfordernis Drittberechtigter (KG vom 30.11.2010 - 1 W 455/10; MünchKomm/Commichau, BGB, 5. Aufl., § 8 WEG Rz. 9; Schneider ZNotP 2010, 299 [302]; ders, ZNotP 2010, 387; a.A. Palandt//Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 3 WEG Rz. 1; Kesseler NJW 2010, 2317 [2318]; ders. NJOZ 2010, 1466).

Die Problematik eines eventuellen Zustimmungserfordernisses im Hinblick auf die Rangklassenprivilegierung des Wohngeldanspruchs in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG entsteht frühestens mit der Veräußerung des ersten Wohnungseigentums, da erst dann begrifflich eine Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht und in der Folge Hausgeldansprüche der Rangklasse 2 zu einer Beeinträchtigung führen könnten (KG, a.a.O.; Schneider ZNotP 2010, 387 [388]). Darüber ist aber solange nicht zu entscheiden, wie sich sämtliche gebildeten Wohnungseinheiten in der Hand des teilenden Eigentümers befinden.

Das AG wird deshalb unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Eintragungsantrag zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2706148

ZMR 2011, 492

ZfIR 2011, 254

ZWE 2011, 224

Info M 2011, 227

IWR 2011, 108

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge