Verfahrensgang

LG Oldenburg (Aktenzeichen 18 O 3335/18)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

II. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

1. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

2. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen im Ergebnis eine andere Entscheidung zugunsten der Klägerin.

 

Gründe

Insbesondere erscheint das vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld in Höhe von 800,00 EUR nicht zu niedrig. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat der Einzelrichter - ebenso wie bei der Berechnung des auszugleichenden materiellen Schadens - einen Mitverschuldensanteil der Klägerin in Höhe von 80 % in Rechnung gestellt. Ob die dafür in dem angefochtenen Urteil genannte Begründung bei isolierter Betrachtung tragfähig ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat die Klägerin in der ersten Instanz zugestanden, dass die körperliche Auseinandersetzung zwischen ihrem Hund und dem Hund der Beklagten bereits begonnen hatte, als sie an den Nacken ihres Hundes gegriffen hat, um diesen zurückzuziehen. Wörtlich hat sie in der Sitzung des Landgerichts am 19.03.2019 zu Protokoll gegeben:

"Plötzlich geriet mein (...)[Hund] in eine Auseinandersetzung mit dem Hund der Beklagten [...]. Beide Hunde bissen sich, woraufhin ich reflexartig dazwischen griff, und zwar an den Nacken meines Hundes. Der andere Hund, dieser war ebenfalls nicht an der Leine, biss mich dann [...] in den Arm."

Wie der Einzelrichter zu Recht hervorgehoben hat, wird jeder vernünftige Hundehalter wegen der Risiken für die eigene Gesundheit davon absehen, in eine brenzlige Auseinandersetzung angriffslustiger Hunde ohne Schutzvorkehrungen einzugreifen. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Verhalten der Klägerin in der von ihr selbst geschilderten Situation als in hohem Maße leichtfertig dar. Das gilt selbst dann, wenn man von dem Vortrag in der Berufungsbegründung ausgeht, wonach die Klägerin weder direkt vor die Schnauze eines der beiden Hunde gegriffen noch den vorderen Halsbereich ihres Hundes umfasst hat. In jedem Fall ist sie mit ihrem linken Unterarm in den Bissbereich des Hundes der Beklagten gelangt. Dies belegt der tatsächliche Verlauf, der in die hier geltend gemachten Bissverletzungen mündete. Dementsprechend hat die Klägerin in ihrer an die Beklagte gerichteten WhatsApp-Nachricht ausdrücklich eingeräumt, sich falsch verhalten zu haben, und aus dem Geschehenen die Lehre gezogen, man solle "in ein Hundegefecht nicht einschreiten".

Hinzu kommt die vom Hund der Klägerin ausgehende, für den Schaden mitursächliche Tiergefahr, welche die Klägerin sich ebenfalls anrechnen lassen muss. Der Senat verkennt nicht, dass es der Hund der Beklagten war, der auf den Hund der Klägerin zugelaufen ist. Indes hat sich den Angaben der Klägerin zufolge auch ihr Hund auf die Auseinandersetzung mit dem Hund der Beklagten eingelassen. So ist die von dem Hund der Beklagten ausgehende Tiergefahr zwar höher zu bewerten. In keinem Fall ist die Tiergefahr auf Seiten der Klägerin aber so gering, dass sie im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung unberücksichtigt bleiben kann.

Bei zusammenfassender Würdigung aller maßgebenden Aspekte - einschließlich der oben dargelegten erheblichen Leichtfertigkeit der Klägerin - ist auch der Senat der Meinung, dass eine für die Klägerin günstigere Haftungsquote als die vom Landgericht in Ansatz gebrachte nicht gerechtfertigt ist. Offenbleiben kann deshalb, ob das von der Klägerin im Falle einer vollen Haftung der Beklagten für angemessen gehaltene Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 EUR überhaupt realistisch ist oder nicht.

Erfolglos bleiben muss die Berufung auch insoweit, als die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, "den weiteren Schaden" zu ersetzen, der aus dem im Streit befindlichen Vorfall resultiert. Dem Einzelrichter ist darin beizupflichten, dass bei verständiger Würdigung von der Warte der Klägerin aus kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines (weiteren) Schadens wenigstens zu rechnen. Auf der Grundlage ihres erstinstanzlichen Vortrags ist nicht ersichtlich, weshalb und inwieweit die geltend gemachten Bissverletzungen weitergehende Beeinträchtigungen nach sich ziehen sollten. Dies umso weniger, als die Klägerin vor dem Landgericht auf Nachfrage erklärt hat, "von der Bis...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge